Kurz vor dem Ende des Truppenabzugs aus Afghanistan hat das US-Repräsentantenhaus am Dienstag einer schnelleren Visa-Antragsstellung für afghanische Dolmetscher und andere Ortskräfte der US-Streitkräfte in dem Land zugestimmt. Etwa 18.000 Afghanen warten derzeit auf eine Entscheidung, ob sie sich in den USA niederlassen dürfen. Insbesondere afghanische Dolmetscher, Fahrer und weitere Partner der US-Streitkräfte gelten als gefährdet, weil sich die radikalislamischen Taliban wegen ihrer Zusammenarbeit mit den ausländischen Truppen an ihnen rächen könnten.
Der Gesetzesentwurf, der sowohl von republikanischen als auch von demokratischen Abgeordneten unterstützt wurde, würde die bisher notwendige medizinische Untersuchung für Antragsteller eines bestimmten Einwanderungsfalls abschaffen. Nach Angaben des demokratische Abgeordneten Jason Crow, der ein Afghanistan-Veteran und Hauptbefürworter des Gesetzentwurfs ist, dürfte die Maßnahme den Prozess für jeden Antragsteller um einen Monat verkürzen.
„Dieser Gesetzentwurf wird Leben retten, aber wir sind noch nicht fertig,“ schrieb Crow im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Wir müssen die Arbeit beenden und unsere Partner, die in Gefahr sind, in Sicherheit bringen.“ Als nächstes muss der Senat über den Entwurf abstimmen.
Washington befürchtet, dass die Taliban alle Landsleute bestrafen werden, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten für ausländische Streitkräfte gearbeitet haben. Das Weiße Haus hat den Betroffenen bereits Unterstützung zugesichert. „Diejenigen, die uns geholfen haben, werden nicht zurückgelassen“, sagte US-Präsident Joe Biden vergangene Woche vor Journalisten. Afghanische Ortskräfte der US-Truppen sollen nach Angaben des Weißen Hauses außer Landes gebracht werden und von dort aus ihre Visa-Anträge für die USA stellen können.
Biden hat einen vollständigen Truppenabzug aus Afghanistan bis spätestens 11. September angekündigt. Seit Ende April läuft auch der Rückzug der Nato-Truppen. Die Bundeswehr erklärte ihren Abzug bereits am Dienstag für beendet, die letzten deutschen Soldaten sollten am Mittwoch in Deutschland ankommen.
Derweil meldete Rom am Mittwoch, dass auch Italien seinen Truppenabzug aus Afghanistan abgeschlossen habe. „Gestern Abend wurde die italienische Mission in Afghanistan offiziell beendet“, erklärte Verteidigungsminister Lorenzo Guerini, nachdem dutzende italienische Soldaten auf dem Flughafen von Pisa gelandet waren. Er sicherte den Zivilisten im Land jedoch weiterhin die Unterstützung Italiens und der Nato zu – etwa in Form von verstärkter Entwicklungsarbeit.
Nach Angaben des Ministeriums in Rom wurden in den vergangenen 20 Jahren 50.000 italienische Soldaten in Afghanistan eingesetzt. In diesem Zeitraum starben 53 Soldaten und 723 weitere wurden verletzt.