Der auch als Nummer zwei im Vatikan nach Papst Franziskus bezeichnete Kardinalstaatssekretär Pietro Kardinal Parolin hat sich bei einem Besuch in Deutschland kritisch zum sogenannten synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland geäußert. In Berlin sagte Kardinal Parolin am Dienstagabend in seiner Predigt laut Redemanuskript, bei einer Synode müsse die Versuchung überwunden werden, „dass sich das Miteinander auf nur einen bestimmten Teil reduziert, so relevant und bedeutsam er auch sei“.
Parolin mahnte dabei auch zum Gehorsam gegenüber Papst Franziskus. Er zitierte eine Ansprache von Franziskus aus dem Jahr 2015, wonach die Synode als Weg im „Hören auf den Bischof von Rom“ gipfle, der berufen sei, als Lehrer aller Christen zu sprechen. Der Kardinal sagte: „Vor allen Visionen und einzelnen Bedürfnissen muss die Gemeinschaft den Vorrang haben.“ Er bitte um „die Gabe der Weisheit“, wie die Einheit gepflegt und gestaltet werde.
Der sogenannte synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland wird im Vatikan seit langem mit Sorge gesehen. Wiederholt wurden Warnungen vor einer Kirchenspaltung geäußert. Zuletzt sprach der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, in der vergangenen Woche bei einer Privataudienz mit dem Papst über den synodalen Weg.
Danach erklärte Bätzing allerdings, er habe Franziskus deutlich gemacht, dass sich die katholische Kirche in Deutschland nicht auf Sonderwege begeben wolle. Bätzing sah sich vom Papst „ermutigt“, den synodalen Weg weiterzugehen
Der synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland soll das durch den Missbrauchsskandal erschütterte Vertrauen der Gläubigen wieder zurückgewinnen. Dabei werden in den Gesprächsforen innerkirchlich kontrovers diskutierte Themen wie der Zwangszölibat für Priester oder die Rolle der Frau in der katholischen Kirche behandelt.
Kardinal Parolin traf vor dem Gottesdienst, an dem auch Bätzing und der Münchner Kardinal Reinhard Marx sowie der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki teilnahmen, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin. Offizieller Anlass des Besuchs ist der hundertste Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und dem Heiligen Stuhl.
Dieses Jubiläum stand bereits im vergangenen Jahr an, konnte wegen der Corona-Pandemie aber nicht gefeiert werden. In Parolins Gesprächen dürfte es aber auch um die Krise der katholischen Kirche in Deutschland gegangen sein – ausgelöst wurde sie durch Missbrauchsskandale und den Umgang der Kirche damit. Der Papst hatte zuletzt eigene Gesandte in das besonders in der Kritik stehende Erzbistum Köln geschickt.