Auch wegen der Verbreitung der ansteckenderen Delta-Virusvariante haben RKI-Präsident Lothar Wieler und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen vollständigen Impfschutz angemahnt. Zweimal Geimpfte seien „vor schweren Erkrankungen durch Delta geschützt“, sagte Wieler am Freitag in Berlin. Wer nur einmal geimpft sei, könne das Virus weitergeben. Wegen der Virusvariante könnte für immungeschwächte Menschen im Herbst oder Winter auch eine dritte Impfung ratsam sein.
„Gerade mit Blick auf die Delta-Variante ist es wichtig, die zweite Impfung wahrzunehmen“, sagte auch Spahn. Nur dann sei man „gut geschützt“. Grundsätzlich bieten die in Deutschland zugelassenen Corona-Impfungen demnach einen „exzellenten Schutz“ vor den zirkulierenden Virusvarianten, darunter auch die Delta-Variante. Diese Variante werde „über den Sommer auch bei uns die Oberhand gewinnen“, warnte Spahn.
Für ältere Menschen mit einem ohnehin abgeschwächten Immunsystem könnte im Herbst und Winter eine Auffrischungsimpfung nötig werden, sagte der Infektionsimmunologe Leif Erik Sander von der Berliner Charité. In Studien habe sich gezeigt, dass Menschen ab 80 Jahren auch nach einer Zweitimpfung eine leicht reduzierte Immunantwort zeigen.
Auch für Organtransplantierte oder nach bestimmten Therapien, die das Immunsystem schwächen, könnte Sander zufolge eine dritte Impfung notwendig werden. Das gelte gegebenenfalls auch für Kontaktpersonen dieser Risikogruppen, etwa Teile des Gesundheitspersonals. Der Infektionsexperte sieht dagegen keinerlei Anlass für eine generelle Auffrischungsimpfung der Gesamtbevölkerung. Grundsätzlich werde aber die Delta-Variante wegen der erhöhten Infektiösität „mit ziemlicher Sicherheit eine noch höherer Impfquote erfordern“.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, forderte, ein „erneutes Bestell-Fiasko“ wie zum Start der Impfkampagne müsse verhindert werden. Es müssten schon jetzt ausreichend Auffrischungsimpfungen für den Herbst gesichert werden“, erklärte die FDP-Politikerin.
Spahn warnte auch angesichts der Urlaubszeit erneut vor zuviel Sorglosigkeit. Aus einem zu sorglosen Sommer dürfe kein „Sorgenherbst“ werden. Testangebote sollten auch beim Reisen weiter genutzt werden, um bei der Rückkehr nicht andere anzustecken. RKI-Chef Wieler forderte einmal mehr, auf nicht nötige Reisen zu verzichten und sich vor Ort an die Regeln wie das Tragen von Masken und die Meidung von Menschenansammlungen zu verzichten.
Mit Blick auf die Schulen sprach sich Wieler für eine Beibehaltung der Schutzmaßnahmen bis zum Frühjahr nächsten Jahres aus. „Ziel ist es, die Schulen aufzuhalten, aber mit sicherem Unterricht“, sagte der RKI-Präsident. Dazu gehörten weiterhin das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, Lüften und regelmäßige Tests. „Im Herbst werden sicher die Zahlen steigen“, betonte Wieler. Mit dem Maskentragen gebe es eine wenig aufwändige Schutzmöglichkeit.