An der Spitze nichts Neues? Was auf den ersten Blick in der Bundesligatabelle wie eine feste Einrichtung aussieht – Bayern München auf dem ersten Platz, mit Borussia Dortmund hartnäckig auf den Fersen des Rekordmeisters –, offenbart auf den zweiten Blick einiges an Überraschungen. Nach elf Spielen liegt der SC Freiburg auf dem dritten Platz in der Bundesliga-Tabelle. Am Ende der vergangenen Saison landete der Verein noch auf dem zehnten Tabellenplatz. Inzwischen hat er sogar den reichen und ehrgeizigen, für Bundesliga-Verhältnisse sehr jungen RB Leipzig hinter sich gelassen, der in den vergangenen Spielen eine durchwachsene Leistung hingelegt hat.
Sogar die Führung der Bayern ist nicht so souverän wie in früheren Jahren, was sich genau wie die anderen Überraschungen im Oberhaus des deutschen Fußballs bei den Bundesliga-Tipps bemerkbar macht.
Was genau sind die Ursachen?
Eine der Ursachen, warum ausgerechnet der reichste und erfolgreichste Club Deutschlands sogar in der internationalen Presse plötzlich mit einem Fragezeichen als Titelgarant versehen wird, ist die schier unfassbare Niederlage Ende Oktober im DFB-Pokal gegen den FC Mönchengladbach, der sich in der Bundesliga-Tabelle gerade mal im Mittelfeld tummelt. Mit einem 5:0 Sieg über den Rekordmeister haben die Fohlen den Bayern die schmerzlichste Niederlage aller Zeiten in der Pokalrunde verpasst, die jetzt ohne Julian Nagelsmann Mannen weitergeht.
Während Gladbach an dem Abend über sich hinauswuchs und mit dem ersten Treffer das Spiel dominierte und diese Überlegenheit nicht mehr aufgab, sahen die Bayern-Kicker allzuoft dem Ball nur noch hinterher. Fassungslosigkeit und eine nicht allzu schöne Analyse der eigenen Fehler innerhalb der als fast schon unbezwingbar geltenden Bayern folgten. Seitdem hat der Club zwar in der Bundesliga seine alte Form zurückgewonnen, aber die anderen Vereine und die Fans haben gesehen, wie der Meister aus der Bahn geworfen wurde. Das gibt Hoffnung für die nächsten Begegnungen.
Das Tabellenschlusslicht
Am Tabellenende sieht es zumindest für einen Club bereits vor der Herbstmeisterschaft düster aus. Mit nur einem Punkt nach zehn Spielen scheint das Schicksal der in der vergangenen Saison wie im Märchen aufgestiegenen krassen Außenseiter SpVgg Greuther Fürth das Oberhaus-Wunder vorbei zu sein. Mit einem Gesamtmarktwert des Teams von 37,08 Millionen ist es allerdings kaum verwunderlich, dass der Verein bei seinem zweiten Abstecher in die 1. Bundesliga innerhalb von 20 Jahren wenig Chancen gegen die großen Clubs hat.
Aber die Kicker von Fürth haben vor allem in der 2. Bundesliga anderen Clubs Mut gemacht, jede Minute in jedem Spiel ans Vorankommen zu denken. Das Ergebnis zeigt sich auch in der Tabelle, wo einiges wie gewohnt ist und anderes überraschend erscheint.
An der Spitze steht ein Hamburger Club. Doch statt des HSV, der es nach seinem bitteren Abstieg vor zwei Jahren trotz aussichtsreicher Anfänge in den letzten Spielen geschafft hat, jeweils in den letzten Begegnungen endgültig die Nerven zu verlieren und am Aufstieg vorbei zu schrammen, ist es das Kellerkind FC St. Pauli, das den hanseatischen Fans Hoffnung macht. Auch mit dem Tabellen-Zweiten Jahn Regensburg und dem Dritten Paderborn hatten zum Saisonauftakt nur die wenigsten gerechnet.
Der Club schlägt sich wacker
Der FC Nürnberg unter Trainer Robert Klauß schlägt sich ebenfalls tapfer. Obwohl der Verein bisher mehr Unentschieden als Siege verzeichnet hat, ist er in 13 Begegnungen nur zweimal besiegt worden und damit derzeit auf Platz fünf.
Die Beharrlichkeit und das Stehvermögen des Vereins haben sich schon in der Vergangenheit bewährt. Obwohl Nürnberg nie zu den Schwergewichten der 1. Bundesliga gehört hat, hat der Club dennoch in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als die Hälfte der Zeit im Fußball-Oberhaus verbracht, obwohl er vier Abstiege kassieren musste. Seit 2019/2020 sind die Nürnberger Kicker wieder in der 2. Bundesliga, wo sie sich zum jeweiligen Saisonende von Platz 16 auf Platz 11 vorgeschoben haben und es derzeit so aussieht, als könnten sie diesmal im oberen Viertel oder sogar auf einem der Aufstiegsplätze landen.
So wie in der 1. Bundesliga sieht es allerdings auch hier bereits jetzt schlecht für die Tabellenletzten aus. Weit abgeschlagen liegt Ingolstadt mit lediglich 5 Punkten nach 13 Spielen auf dem letzten Platz. Ein Unentschieden in den letzten fünf Spielen war das beste Ergebnis für den bayerischen Club, der damit weit hinter seinen Landsmännern vom FC Nürnberg liegt.
Noch allerdings sind auf dem Fußballfeld jede Menge Überraschungen möglich, sowohl an der Spitze wie auch am Ende. In den Anfangsjahren der Bundesliga wechselte die Meisterschale stets jedes Jahr die Hände, was auch der mangelnden Finanzkraft der Vereine zugeschrieben wurde. Die Dominanz von Bayern München gilt spätestens, seit der Club alle anderen auch in der Kassenbilanz abhängt.
Die 2. Bundesliga als Wundertüte
Die 2. Bundesliga gilt hingegen noch immer als Wundertüte, wo selbst Außenseitern ein Durchmarsch gelingen kann. Das hat in der vergangenen Saison nicht nur die SpVgg Greuther Fürth gezeigt. Auch mit dem VfL Bochum als zweitem Aufsteiger hatte zum Saisonauftakt wohl kaum jemand gerechnet. Inzwischen haben sich die Bochumer einen soliden Mittelfeldplatz gesichert, und es sieht so aus, als würden sie sich keine Gedanken um den Abstieg machen müssen.
Sollte der FC St. Pauli nach zehn Jahren in der Zweitklassigkeit den Weg in die 1. Bundesliga schaffen, werden treue Fans sich an das Heimspiel des damals im Oberhaus der Bundesliga spielenden Clubs im Februar 2002 gegen Bayern München erinnern, als die Hanseaten den überlegenen Favoriten mit 2:1 schlugen. Das ist zwar kein Vergleich mit dem Triumph der Gladbacher im DFB-Pokalspiel, aber ein weiterer Beweis, dass Überraschungen immer möglich sind, selbst wenn auf den ersten Blick die Tabellen wie gewohnt erscheinen.