Genuss ist Lebensfreude und ein Sinneserlebnis. Positive Empfindungen tragen zu körperlichem und geistigem Wohlbefinden bei. Mindestens ein Sinnesorgan wird positiv stimuliert beim kulturellem Genuss wie Musik, Theater oder Lesen, körperlichen Genuss wie einer Berührung oder Massagen, kulinarischem Genuss als fester Bestandteil der Ess- und Trinkkultur.
Die Möglichkeit Kultur zu erleben, mit anderen zu teilen und sich dazu auszutauschen ist von unschätzbarem Wert für das persönliche Wohlbefinden und die geistige Fitness jedes Einzelnen. Es ist auch ein Erlebnis in Gemeinschaft, dass dem aktuellen Trend der Vereinsamung der Gesellschaft entgegenwirkt.
Aktuelle Situation der Senioren in Deutschland
In Deutschland lebten Ende 2021 rund 83 Millionen Menschen, von denen jeder zweite älter als 45 Jahre war und 18 Prozent 65 Jahre oder älter waren. Insgesamt fanden im Jahr 2020 über 111 Millionen Museumsbesuche in rund 7.120 Museen und 528 Ausstellungshäusern in Deutschland statt und im Jahr 2020 öffneten über 21.300 Theater und Spielstätten ihre Tore für Besucher aller Altersklassen.
Wie viel Zeit haben Senioren?
Die zuletzt im Jahr 2012/2013 vom Statistischen Bundesamt durchgeführte Zeitverwendungserhebung ergab, dass Menschen ab zehn Jahren die meiste Zeit am Tag für Schlafen, Körperpflege, Essen und Trinken verwenden (ungefähr elf Stunden pro Tag).
- Alle Altersklassen hatten durchschnittlich täglich knapp sechs Stunden Freizeit.
- Seniorinnen und Senioren verfügten mit 7 Stunden und 12 Minuten über mehr freie Zeit.
Mehr Freizeit am Wochenende
In allen Altersklassen wird am Wochenende deutlich mehr Zeit für Freizeitaktivitäten aufgewendet als in der Woche. Auch die Generation 60+ blieb diesem Verhalten treu, sie nahmen sich am Wochenende täglich eine Stunde mehr Freizeit als in der Woche.
Viel Zeit für Kultur
Neben sozialen Kontakten, Aktivitäten an Computer und Smartphone, Sport und Hobbies verbrachten Menschen ab 65 Jahren den überwiegenden Teil der Freizeit mit kulturellen Aktivitäten. Dazu zählte der Besuch kultureller Veranstaltungen, Radio hören, Lesen und Fernsehen. Senioren widmeten kulturellen Aktivitäten so viel Zeit wie keine andere Altersgruppe, nämlich knapp vier Stunden pro Tag. Ältere Menschen waren Spitzenreiter beim Lesen: Durchschnittlich 57 Minuten pro Tag – mehr als alle anderen Altersgruppen. Der Fernsehkonsum lag bei etwas mehr als zweieinhalb Stunden pro Tag.
Passend dazu ist es den Senioren ab 66 wichtig, sich über kulturelle Themen aber auch über Politik informiert zu halten.
Rolle der Kultur im Alter
Viele Senioren sind kulturell interessiert und engagiert. Das zusätzliche Plus an Zeit im Kalender der Älteren im Ruhestand wird gern mit positiven und inspirierenden Themen gefüllt. So vermeiden sie Langeweile, die wiederum negative Effekte auf die Gesundheit hat.
Durch mehr verfügbare freie Zeit im Alter und ein längeres gesundes Leben sind Senioren mittlerweile bis ins hohe Alter in der Lage, nicht nur am kulturellen Leben teilzuhaben, sondern dieses auch aktiv mitzugestalten. Die Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur allein oder in Gemeinschaft ist für viele ältere Menschen ein wichtiger Schlüssel zu sozialer Teilhabe und zur Steigerung der Lebensqualität. Kulturteilhabe bietet Freude und Sinnstiftung durch künstlerisches Tun und kulturelles Engagement. Beides vermittelt zusätzlich soziale Orientierung und schafft Beteiligung sowie kommunikative und gestaltende Kompetenzen als Rüstzeug für ein gelingendes und aktives Alter.
Drei der Megatrends beschreiben eindeutig die größten bevorstehenden Veränderungen der Ältesten in unserer Gesellschaft.
- Silver Society: Die Deutschen werden immer älter. Die Gruppe der Älteren umfasst schon heute rund ein Viertel der Bevölkerung. Die Art im Alter zu leben, zu arbeiten, zu reisen und zu kommunizieren wird sich grundlegend ändern, was die Entwicklung der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik beeinflussen wird.
- Gesundheit mit Downaging & Pro-Aging: Die positive Einstellung zum Alter, die jüngere Wahrnehmung von sich selbst und der medizinische Fortschritt lassen die Menschen länger gesund und aktiv bleiben. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass jede neue Generation derzeit etwa 7,5 Jahre biologisch jünger ist als die Elterngeneration davor. Und die Deutschen Versicherer zeigen mit der Initiative „7 Jahre länger“, dass die tatsächliche Lebenserwartung 7 Jahre über der angenommenen liegt.
- Individualisierung & Postdemografie: „Angesichts steigender Individualisierung verlieren klassische soziodemografische Merkmale wie Geschlecht, Einkommen, Wohnort, Berufstätigkeit oder gerade das Alter an Bedeutung zur Beschreibung gesellschaftlicher Gruppen. „Jugendlichkeit“ beispielsweise kann altersübergreifend ein Charakteristikum von Einstellungen und Verhaltensweisen sein. Statt sozialer Milieus bilden sich neue postdemografische Lebensstile heraus, deren gemeinsamer Nenner geteilte Werte, Überzeugungen, Konsummuster und Alltagspraktiken sind.“
Die Verschmelzung dieser drei Megatrends sorgt dafür, dass sich eine neue heterogene Best-Ager-Generation in unserer Gesellschaft etabliert.
Jede Art von Teilhabe und Engagement beispielsweise auch mit Kultur bedient die Individualitätsbedürfnisse, fördert die Gesundheit und trägt zu einem langen und erfüllenden Leben bei. Im „7. Altersbericht der Bundesregierung“ benannten die Autoren die Notwendigkeit der gesellschaftlichen Beteiligung der Älteren und ihrer engagierten Teilhabe. Im „8. Altersbericht“ steht die Digitalisierung im Mittelpunkt, die einen Kulturwandel im Alltag initiiert und Auswirkungen auf unser Leben hat. Diese werden von den Verfassern, mit denen der Industrialisierung gleichgesetzt.
Individualität im Alter nimmt zu
Auch wenn jede Art von Engagement der Älteren gewünscht und förderlich ist, zeigt die Realität in Deutschland doch ein etwas anderes Bild. Die Kultur-Angebote begrenzen sich in vielen Institutionen lediglich auf einen preislichen Nachlass und bieten keinen konkreten inhaltlichen Zuschnitt auf die Älteren. Hier ist die Herausforderung der kulturellen Einrichtungen, die Teilhabe so zu ermöglichen, dass die Wünsche und Bedürfnisse der Generation 60+ beachtet werden. Das beginnt mit der Tageszeit des Angebotes, geht weiter mit der Länge und Art von Veranstaltungen bis hin zu passiven oder auch aktiven Angeboten mit dem Ziel einer echten Beteiligung. Und dies gilt für die realen genauso wie für die wachsenden digitalen Optionen.
Vorteile der Interaktion mit Kunst & Kultur im Alter
Kulturelle Aktivitäten sind ein weitgefasster Begriff, unter dem sich singen, tanzen, malen, zeichnen, musizieren mit jeweils einer aktiven oder passiven Beteiligung verbuchen lassen. Doch eines haben alle gemeinsam: Jede dieser Aktivitäten hat positiven Einfluss auf die Lebensqualität, die geistigen Fähigkeiten und das motorische Können, die soziale Interaktion und wirkt einem in der Gesellschaft aufkeimenden Problem entgegen: Einsamkeit durch Isolation. In Großbritannien hat sogar die Regierung das Thema auf die Agenda gesetzt. Theresa May hat Mitte Januar 2018 eine Ministerin für Einsamkeit ins Amt berufen, um sich dieser Herausforderung professionell zu widmen.
Soziale Beziehungen, das ergab die 2017 zuletzt veröffentlichte „Generali“ Altersstudie, sind gerade für ältere Menschen von immenser Bedeutung – und zwar innerhalb und außerhalb der eigenen Familie. So schätzen drei Viertel der 65- bis 85-Jährigen das Zusammensein mit anderen und sind gerne unter Menschen. Insgesamt haben 73 Prozent der 65- bis 85-jährigen Kinder und Enkelkinder. 25 Prozent der 65- bis 85-jährigen Eltern sehen ihre Kinder täglich oder fast täglich, weitere 29 Prozent mindestens einmal pro Woche.
Zwei Drittel der befragten 65- bis 85-Jährigen leben mit einem Partner zusammen. 69 Prozent können zudem auf einen festen Freundes- und Bekanntenkreis zurückgreifen, mit dem sie sich regelmäßig treffen. 41 Prozent der Älteren bezeichnen ihren Bekanntenkreis zudem als groß.
Fazit
Kultur und die Auseinandersetzung mit kulturellen Themen sind alterslos. Darüber hinaus erfüllt das kulturelle Engagement soziale Aufgaben und fördert die Zufriedenheit und damit Gesundheit der Senioren. Das vorherrschende Defizit im Kulturangebot für Senioren zu füllen, ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, um die Teilhabe einem Viertel der Bevölkerung zu ermöglichen.