Sonne und Wind sind zwei Faktoren, die alle Radfahrenden kennen – und auf die manche empfindlich reagieren. „Die größte Gefahr für die Augen beim Radfahren ist jedoch, dass im Sommer ein Insekt ins Auge fliegt“, sagt der Experte Gerd Geerling von der Deutsche Opthalmologischen Gesellschaft (DOG). Die meisten Menschen reagieren mit einem Schreck und unwillkürlichen Wischbewegungen am Auge, um den Fremdkörper wieder loszuwerden. „Dann läuft man Gefahr, vom Rad zu stürzen. Und wir sehen in der Praxis, dass ein Sturz dann zu schweren Verletzungen auch des Auges führen kann“, betont Geerling.
Auge mit sauberem Trinkwasser spülen
Der Augenexperte rät daher bei einer Insekten-Kollision zur Besonnenheit. „Nicht weiter ins Auge fassen und sofort anhalten, wenn möglich“, empfiehlt Geerling. „Hilfreich ist in einer solchen Situation auch, das Auge beispielsweise mit sauberem Trinkwasser zu spülen.“ In der Regel sollte der Kontakt mit dem Insekt am nächsten Tag kein Problem mehr für das Auge darstellen.
Besser noch, man lässt es erst gar nicht so weit kommen und verhindert das Eindringen eines Fremdkörpers mit einer Brille, etwa einer Sonnenbrille. Wer viel mit dem Drahtesel unterwegs ist, kann sich eine besonders angepasste Fahrradschutzbrille aus splitterfreiem Kunststoff anschaffen, die mit einem UV-Filter und speziellem Seitenschutz ausgestattet ist. „So schützt man sich nicht nur vor Fliegen, sondern auch vor unfallbedingten Schäden am Auge, vor Zugluft und vor UV-Strahlung, die über sehr lange Zeit auch den grauen Star fördert“, so Geerling.
Giftige Brennhaare können sich in der Hornhaut festsetzen
Darüber hinaus ist man vor unangenehmen Begegnungen etwa mit Eichenprozessionsspinnern sicher. Die kleinen Schmetterlingsraupen, die sich aufgrund des Klimawandels auch in Norddeutschland immer stärker verbreiten, halten sich an Eichenstämmen auf und entwickeln ab Mai Brennhaare, die das Nesselgift Thaumetopoein enthalten. Jedes Tier trägt etwa 600.000 dieser feinen Härchen – ein kleiner Windstoß genügt, um sie abzubrechen und bis zu hundert Meter durch die Luft zu wirbeln. „Die fast unsichtbaren Härchen können so unter anderem in die Bindehaut oder Hornhaut des menschlichen Auges eindringen“, sagt Geerling.
Ihr Gift kann dort schmerzhafte Bindehautentzündungen auslösen. Betroffene sollten sich deshalb auf keinen Fall die Augen reiben. Auch hier gilt: Die Augen am besten mit sauberem Wasser spülen. Und: „Bei anhaltenden Symptomen wie Rötung eines Auges, bei Fremdkörpergefühl, Tränen, Jucken und starken Schmerzen den Augenarzt oder die Augenärztin aufsuchen“, rät der DOG-Experte.
Notfalldosis an Tränenersatzmittel oder antiallergischen Tropfen
Deshalb: Radbrille aufsetzen! Sie hilft auch allen, die schnell unter tränenden Augen oder einem instabilen Tränenfilm leiden, unter sogenannten trockenen Augen – letzteres ist bei etwa zehn Millionen Menschen in Deutschland der Fall. „Wer sich mit trockenen Augen in warmer Luft mit viel Wind bewegt, dessen Augen können gereizt reagieren“, erläutert Geerling. Radfahrende mit Office-Eye-Syndrom sollten daher eine Ration an Tränenersatzmittel mitführen.
Ähnliches gilt für Pollenallergiker, die mit verklebten Augen am Morgen aufwachen. „Unbedingt eine Notfalldosis antiallergische Augentropfen auf die Radtour mitnehmen“, so Geerling. Kontaktlinsenträger wiederum sind gut beraten, zusätzlich Nachbenetzungsmittel zu verwenden. Und für alle gilt: „Sollten sich beim Radfahren Schmerzen, Augenrötung oder Sehverschlechterung einstellen: die Beschwerden unbedingt ernst nehmen und zum Augenarzt oder zur Augenärztin gehen“, betont der Vize-Präsident der DOG.