Der frühere Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, hat die deutsche Position im Ukraine-Krieg gelobt. „Ich bewundere die deutsche Haltung. Deshalb finde ich die Kritik an der deutschen Position im Ukraine-Krieg völlig unfair“, sagte der portugiesische Ex-Politiker der „Rheinischen Post“ (Donnerstagausgabe).
Man dürfe niemals vergessen, dass die Sowjetunion ein Opfer der Nazi-Diktatur in Deutschland gewesen sei. „Eine vorsichtige Haltung der Deutschen ist also nur verständlich“, fügte Barroso hinzu. Zudem unterstütze Deutschland die Ukraine wie sonst kaum ein anderes Land.
„Die Bundesrepublik ist der zweitwichtigste Geldgeber. Kanzler Scholz hat die Pipeline Nord Stream II aufgegeben und eine dramatische Kehrtwende in der deutschen Politik vollzogen“, sagte der frühere portugiesische Ministerpräsident, der jetzt als Berater für die Investmentbank Goldman Sachs arbeitet. „Ich kann mich noch gut erinnern, wie Grünen-Politiker, die jetzt in der Regierung sitzen, gegen jede Aufstockung der Verteidigungsetats waren. Deutschland verdient nicht die Kritik, die das Land vor allem in den angelsächsischen Medien erfährt.“
Der Portugiese sprach sich auch für ein neues Asylrecht in der Europäischen Union aus. Auf die Frage, ob das Dublin-Abkommen noch halte, wonach Flüchtlinge lediglich im Land ihrer Ankunft einen Asylantrag stellen könnten, sagte Barroso: „Nein. Wir müssen es revidieren und für einen fairen Kompromiss bei der Aufnahme der Flüchtlinge sorgen.“ Die Europäische Union brauche eine gemeinsame Linie. „Wir müssen in jedem Fall die Genfer Flüchtlingskonvention einhalten. Aber es gibt neben der humanitären Hilfe für verfolgte Flüchtlinge auch die illegale Migration“, schränkte Barroso ein. „Unsere Tore müssen offen sein, aber nicht völlig offen.“ Barroso, der als Parteigänger der konservativen Europäischen Volkspartei im EU-Parlament gilt, würde eine Wiederwahl Ursula von der Leyens als Kommissionspräsidentin unterstützen.
„Sie hat eine hervorragende Arbeit geleistet. Es ist ihre Entscheidung. Ich würde sie unterstützen, wenn sie antritt“, sagte der ehemalige Kommissionspräsident.