Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat sich erleichtert darüber gezeigt, dass das EU-Parlament sich auf eine gemeinsame Linie zum geplanten Renaturierungsgesetz geeinigt hat. „Ich bin froh, dass dieses zentrale Vorhaben von Ursula von der Leyen eine Mehrheit gefunden hat“, sagte Özdemir am Mittwoch.
„In den Beratungen wurden Bedenken ernstgenommen und aufgegriffen. Bedauerlich ist, dass sich die EVP gegen das Vernunftprinzip von Schützen und Nutzen und damit gegen ihre eigene Kommissionspräsidentin gestellt hat.“ Der Vorschlag, der als wichtiger Teil des europäischen „Green Deals“ gilt, sieht Zielvorgaben für die Fläche vor, auf der Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt werden sollten. Demnach sollen bis 2030 mindestens 30 Prozent der geschädigten Meeresökosysteme wiederhergestellt werden, bis 2040 60 Prozent und bis 2050 90 Prozent.
Zudem sollen trockengelegte Moore wieder vernässt und Wälder aufgeforstet werden. Dabei ist es das erklärte Ziel, bis zum Ende der Dekade mindestens ein Fünftel der geschädigten Land- und Wasserflächen in der EU zu sanieren. Kritik kam innerhalb des Parlaments vor allem von der Europäischen Volkspartei, Rechtspopulisten und Rechtsextremisten.
Auch Bauernverbände hatten sich gegen das Vorhaben ausgesprochen. Sie behaupten, dass das Gesetz zu weniger land- und forstwirtschaftlichen Flächen führen und damit die Ernährungssicherheit gefährden könnte. Özdemir widersprach den Kritikern.
„Wer Ernährungssicherung ernst meint, schützt das, was uns gute Ernten beschert – nämlich unsere natürlichen Grundlagen. Nur so sichern wir auch die Versorgung der nachfolgenden Generationen“, sagte der Landwirtschaftsminister. „Wer die Folgen der Klimakrise, Bodenprobleme und Wassermangel ignoriert, ist wahrlich kein Freund der Bauern. Schon jetzt vertrocknet mancherorts das Korn am Halm, während Starkregen woanders ganze Ernte zerstört, Böden verschlechtern sich, die Wasserversorgung wird unsicherer.“ Allein die letzten Dürrejahre hätten die Landwirtschaft „zig Milliarden“ gekostet, sagte der Grünen-Politiker.
„Wir müssen handeln, je länger wir warten, desto härter und schwieriger wird es. Das bestätigt die Wissenschaft immer und immer wieder.“ Özdemir bezieht sich damit wohl auch auf einen offenen Brief von Wissenschaftlern von 15 europäischen Forschungsinstituten, die kürzlich vor den Folgen eines Scheiterns des Gesetzes gewarnt hatten. Im EU-Parlament haben 336 Abgeordnete für die Parlamentsposition gestimmt, bei 300 Gegenstimmen und 13 Enthaltungen. Die Positionen von Parlament und Rat basieren jeweils auf einem Vorschlag der EU-Kommission, unterscheiden sich jedoch zum Teil.
Im sogenannten Trilog-Verfahren soll nun ein gemeinsamer Entwurf erarbeitet werden. Gelingt dies, gelten die Abstimmungen über den finalen Entwurf in Rat und Parlament nur noch als Formsache.