Die Welt im blauen Dunst

Zigarette rauchen (über cozmo news)
Zigarette rauchen (über cozmo news)

Heute ist das Rauchen weitgehend verpönt, doch der Wiederanstieg der Raucherzahlen im Zuge der Corona-Pandemie sowie der Erfolg der verschiedenen Vaporizer zeigen die latente Faszination. So könnte ein Totalverbot schnell in eine neue Prohibition einmünden, mit einem unkontrollierbaren Schwarzmarkt und einem Anstieg der Kriminalität wie in den USA, die 1920 bis 1933 den Alkohol aus dem öffentlichen Leben verbannen wollten.

Wir zeichnen in einer Geschichte des Rauchens die Nutzung der Tabakpflanze mit den wichtigsten Meilensteinen nach.

Als der Tabak nach Europa kam

Als der Tabak im Zuge der Kolonialisierung von Amerika nach der Entdeckung durch Christopher Kolumbus 1492 nach Europa kam, etablierte er sich schnell als eine der begehrtesten Kolonialwaren. Europäische Abenteurer, Siedler und Händler, lernten schnell von den Indigenen, die Tabakpflanze (Nicotiana tabacum) für den Konsum zu nutzen. Bei Nikotin handelt es sich um ein Nervengift und Alkaloid, das nach Jean Nicot benannt ist, der die Tabakpflanze in den 1560er Jahren botanisch untersucht hatte, und mit dem die Tabakpflanze sich vor Fressfeinden schützt.

Auf den Menschen kann Nikotin wie auch beispielsweise der moderne Break Tabak rot anregend und entspannend wirken. Die Indigenen kannten viele Verwendungen für Tabak. Rauchen war nur eine Möglichkeit von vielen. Andere Ureinwohner schnupften, kauten, lutschten und tranken den Tabak. Die Europäer übernahmen mit Ausnahme des Tabaksaftes sämtliche Konsumvarianten.

Tabakprodukte im Zeitalter von Kolonialismus und Sklavenhandel

Das Interesse der europäischen Bevölkerung an der Tabakpflanze äußerte sich schnell und mündete in die Kultivierung der Tabakpflanze. In den amerikanischen Kolonien entstanden Tabakplantagen von gewaltiger Größe. Sie waren oft Teil der sich etablierenden Landgüter der Kolonialherren mit ihren ikonischen Herrenhäusern, den Haciendas.

Die Arbeitsbedingungen der Landarbeiter, die in Europa meist Leibeigene waren und in Amerika Sklaven, waren erbärmlich. Vor allem die Sklaven in Amerika wurden mit Peitschen zur Arbeit angetrieben und arbeiteten bis zur Erschöpfung, sodass sie zumeist früh starben.

Da die Indigenen zusätzlich durch die von den Europäern eingeschleppten Seuchen dahingerafft wurden und die Ethnien aus Afrika als widerstandsfähiger galten, wurden diese in Heerscharen gefangengenommen oder ‚gekauft‘ und nach Amerika verschifft. Der Dreieckshandel entstand und damit der regelmäßige Schiffsverkehr zwischen Europa, Afrika und Amerika. Europäische Luxusgüter wurden in Afrika gegen Sklaven eingetauscht, die wiederum in Amerika unter anderem auf den zahlreichen Tabakplantagen ihr Dasein fristeten. Daraufhin wurden amerikanische Kolonialwaren wie Baumwolle, Zucker, Kaffee und der Tabak nach Europa verschickt.

Verbreitung in Europa bis zur Erfindung der Zigarette

Beliebteste Komsumarten von Tabak waren bei den Europäern Kautabak, Schnupftabak und Rauchtabak. Zum Rauchen wurden Zigarren und Pfeifen verwendet, während die armen Bevölkerungsmassen den Tabak eher kauten oder schnupften. Für sie war neben dem Genuss die appetitzügelnde Wirkung von Tabak wichtig, da sie vor allem bei schlechter Ernte oft Hunger litten. In der Mitte des 19. Jahrhunderts kamen findige Arbeiter in den Zigarrenfabriken auf die Idee, Tabakreste in kleine Papierrollen zu wickeln. Die Zigarette war geboren, dem Wortsinn nach die „kleine Zigarre“.

Die Zigarette wurde zur Massenware

Die Erfindung der Zigarette passte gut in das Zeitalter der beginnenden Industriellen Revolution in Europa. Der Siegeszug der Industrialisierung ging mit einem Bedeutungszuwachs der verarbeitenden Industrie einher. Auf diese Weise konnte der Tabak effizienter und schneller weiterverarbeitet und mit Zusatzstoffen versehen werden, um den Konsum des rauchigen und kratzigen Produkts bekömmlicher zu machen. Die erste Zigarettenfabrik öffnete 1852 in St. Petersburg ihre Pforten. Die Methoden der Massenproduktion führten zu einer raschen Verbreitung und senkten die Preise, sodass Zigaretten vor allem bei Bauern und Arbeitern beliebt wurden.

Vom Emanzipationsgut zum Gesundheitsrisiko

In den beiden Weltkriegen wurde die Zigarette endgültig zum Massenprodukt. Sie bot Verzweifelten einen letzten Halt und Soldaten an der Front eine gewisse Zerstreuung. Schon der Dreißigjährige Krieg hatte mit Blick auf die Verbreitung von Tabakwaren einen beschleunigenden Effekt. Die Demokratisierungsschübe und die stärkere Zuwendung zur sozialen Frage förderten die Verbreitung der Zigarette weiter.

Der Terry-Report machte 1964 auf die gesundheitlichen Folgen des Rauchens aufmerksam, doch es dauerte noch Jahrzehnte, bis entschiedene Maßnahmen gegen das gesundheitsschädliche Rauchen ergriffen wurde, sodass die Zigarette im Zuge der immer stärkeren Gewichtung der Sicherheit vom Emanzipationsprodukt zum Schadprodukt degradiert wurde.

Im Zuge dieser Ächtung entstanden im 21. Jahrhundert zahlreiche neue Formate wie Vaporizer, E-Zigarette, Tabakerhitzer und Einwegshishas, deren Zukunft noch offen ist.

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