Vom Tiergarten Nürnberg in die Freiheit: Zehn Ziesel in Tschechien ausgewildert

Ziesel (über LoggaWiggler)
Ziesel (über LoggaWiggler)

Ein kleines Nagetier mit großer Bedeutung: Ende Juli hat der Tiergarten Nürnberg gemeinsam mit weiteren Zoos in Europa 115 Europäische Ziesel (Spermophilus citellus) in Tschechien ausgewildert – darunter auch zehn Tiere aus Nürnberg. Ziel ist es, die stark gefährdete Art wieder dauerhaft in ihrem ursprünglichen Lebensraum zu etablieren.

Vom Tiergarten in die Steppe

Sechs Männchen und vier Weibchen, geboren im Tiergarten Nürnberg, wurden von den Auszubildenden Emily Huck und Vera Meidenbauer nach Tschechien gebracht. Vor Ort setzten sie die Ziesel in vorbereitete Höhlen, gefüllt mit Futter wie Sonnenblumenkernen, Mais und Apfelstücken. „Die Tiere mussten sich ihren ersten Gang selbst freigraben. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie ortstreu bleiben und eine stärkere Bindung zum Auswilderungsort entwickeln“, erklärt Huck.

Insgesamt wurden 60 Tiere – darunter die Nürnberger Ziesel – in ein Landschaftsschutzgebiet nahe des Bergs Milá gebracht. Dort sollen sie bestehende Kolonien verstärken und neue aufbauen.

Zwei Methoden, ein Ziel

Neben den klassischen Höhlen gab es auch sogenannte Auswilderungsgehege. „Die Tiere finden dort Schutz und Futter, müssen sich aber ebenfalls herausgraben. So lernen sie von Anfang an, ihren Lebensraum aktiv zu erschließen“, berichtet Meidenbauer.

Beide Methoden haben sich in der Praxis bewährt – und sind Teil eines nationalen Aktionsplans für den Schutz der Art in Tschechien.

Warum Ziesel bedroht sind

Ziesel lebten einst in großen Teilen Europas – auch in Deutschland. Doch intensive Landwirtschaft, Monokulturen und der Verlust von Feldrändern führten zu einem dramatischen Rückgang. In Deutschland gilt die Art seit den 1980er-Jahren als ausgestorben, die Weltnaturschutzunion stuft sie als stark gefährdet ein.

„Nur eine hohe genetische Vielfalt macht die Population robust gegenüber Klimawandel und Krankheiten. Deshalb bringen wir Tiere aus vielen Zoos zusammen“, erklärt Diana Koch, Biologin und Kuratorin im Tiergarten Nürnberg.

Langfristiges Engagement

Seit 2014 hat der Tiergarten Nürnberg rund 140 Ziesel in die Freiheit entlassen. Ähnliche Projekte betreffen auch andere Arten: vom Bartgeier über den Alpensteinbock bis hin zum Luchs.

Für die beiden Auszubildenden war die Aktion ein Höhepunkt: „Es ist nicht selbstverständlich, dass wir als Azubis so viel Verantwortung übernehmen dürfen. Für uns war das eine besondere Erfahrung und ein Zeichen von Vertrauen“, so Huck.

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