Mexikos Präsident Andres Manuel López Obrador hat nach einem der weltweit schwersten U-Bahn-Unglücke seit Jahrzehnten eine „umfassende Untersuchung“ der Unfallursache angekündigt. „Wir können uns nicht auf Spekulationen einlassen und schon gar nicht Schuldzuweisungen erteilen, ohne Beweise zu haben“, sagte er am Dienstag. Beim Einsturz einer U-Bahn-Brücke in Mexiko-Stadt waren am Montagabend mindestens 24 Menschen gestorben, fast 80 weitere wurden verletzt.
Unter den Todesopfern seien auch Kinder, sagte Bürgermeisterin Claudia Sheinbaum am Unglücksort. Das Unglück ereignete sich am Montagabend (22.00 Uhr Ortszeit; 05.00 Uhr MESZ) auf der Linie 12 im Süden der mexikanischen Hauptstadt in der Nähe der Station Olivos. Von mexikanischen Medien veröffentlichte Bilder von Überwachungskameras zeigten, dass die Brücke einstürzte, als gerade eine Bahn darüber fuhr. Der U-Bahn-Zug wurde in zwei Teile zerrissen und hing anschließend V-förmig über der Straße.
Ein Augenzeuge schilderte dem Fernsehsender Televisa das Unglück. Nachdem sich nach dem Einsturz die Staubwolke gelegt habe, habe er sehen wollen, ob er helfen könne. „Die Stille war schrecklich“, sagte der Mann. „Zwei Menschen kletterten aus den Trümmern. Die anderen sind immer noch verschüttet.“
Dutzende Feuerwehrleute und Rettungshelfer sowie Suchhunde waren am Unglücksort im Einsatz. Sie versuchten, Menschen aus Schutt, Kabeln und verbogenem Stahl zu befreien. Die vielen Verletzten wurden in verschiedene Krankenhäuser der mexikanischen Hauptstadt gebracht. Unter dem abgestürzten Zugteil war ein Auto begraben, aus dem sich ein Insasse befreien konnte.
Mexikos Präsident López Obrador versprach, die Unfallursache unter Beteiligung internationaler Experten untersuchen zu lassen. Das Unglück wirft Fragen zum baulichen Zustand der U-Bahn-Linie auf, die täglich von Millionen Menschen genutzt wird.
Die U-Bahn der mexikanischen Hauptstadt ist seit 1969 in Betrieb, sie hat inzwischen zwölf Linien und befördert täglich rund 4,5 Millionen Menschen. Die Linie 12, auf der sich das Unglück ereignete, war erst am 30. Oktober 2012 vom damaligen Bürgermeister und heutigen mexikanischen Außenminister Marcelo Ebrard eingeweiht worden.
Ebrard bot auf Twitter seine Zusammenarbeit bei der Untersuchung der Ursachen der „schrecklichen Tragödie“ an. Bürgermeisterin Sheinbaum kündigte an, der bauliche Zustand der Linie 12 werde überprüft. Vorerst werde der Betrieb auf der Strecke eingestellt. „Wir werden die ganze Wahrheit berichten“, schrieb Sheinbaum auf Twitter.
2014 war der Betrieb der Linie an mehreren Stationen wegen übermäßigen Verschleißes eingestellt und erst nach Reparaturarbeiten wieder aufgenommen worden. Eine Untersuchung kam später zu dem Schluss, dass es Probleme mit dem Betrieb und der Wartung auf der Strecke gibt. Der Abschnitt, auf dem sich das Unglück ereignete, wurde von einer der Firmen des mexikanischen Milliardärs Carlos Slim gebaut.
Anwohner Ricardo de la Torre sagte, er sei schon vor dem Unglück über den Zustand der Brücke besorgt gewesen. Die umliegenden Gebäude hätten immer gewackelt, wenn U-Bahnen über sie gefahren seien. Am Unglücksort machten einige Menschen Ebrard für das Unglück verantwortlich. „Er soll herkommen, er soll herkommen und sehen, was er uns hinterlassen hat“, rief eine Frau in Fernsehkameras.
Im Januar hatte es bei einem Brand in einem Kontrollzentrum der Hauptstadt-U-Bahn ein Todesopfer gegeben. 29 weitere erlitten Rauchvergiftungen. Im März 2020 war bei der Kollision zweier U-Bahnen in Mexiko-Stadt ebenfalls ein Mensch ums Leben gekommen. 41 weitere wurden verletzt, als Passagiere in Panik durch dichten Rauch liefen.