Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) haben sich offen für die Pläne von US-Präsident Joe Biden gezeigt, den Patentschutz für Impfstoffe gegen das Coronavirus weltweit zu lockern. „Das Ziel des US-Präsidenten teilen wir ausdrücklich. Die ganze Welt mit Impfstoff zu versorgen ist der einzig nachhaltige Weg aus dieser Pandemie“, erklärte Spahn am Donnerstag in Berlin. Maas sagte: „Das ist eine Diskussion, für die wir offen sind“.
Um mehr Menschen mit Impfstoff versorgen zu können, müsse es im Moment aber in erster Linie um eine Ausweitung der Produktion und eine Verbesserung der Lieferketten gehen, ergänzte Maas. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Covax-Initiative zur weltweiten Verteilung von Corona-Impfstoffen, an der Deutschland als zweitgrößter Geldgeber beteiligt sei.
Deutschland werde sich aber auch an der Diskussion über eine Aussetzung von Patenten in dieser „Sondersituation“ beteiligen, fügte Maas hinzu. „Wenn das ein Weg ist, der dazu beitragen kann, dass mehr Menschen schneller mit Impfstoffen versorgt werden, dann ist das eine Frage, der wir uns stellen müssen“, sagte Maas.
„Wir sind erst sicher, wenn alle auf der Welt sicher sind“, hob auch Spahn hervor. Auch er sagte aber, dafür sei vor allem der weitere Ausbau von Produktionsstätten für Corona-Impfstoff entscheidend.
Bislang hatte die Bundesregierung eine Aussetzung des Patentschutzes für Impfstoffe mit dem Argument abgelehnt, dies würde die Impfstoff-Entwicklung durch die beteiligten Unternehmen behindern.
Der Gesundheitsminister hob zugleich hervor, die Staaten der Welt, in denen Impfstoff produziert werde, müssten bereit sein, „diesen auch an andere zu exportieren“. Die EU sei dazu in Wort und Tat bereit. „Wir freuen uns, wenn die USA es nun auch sind“, verwies Spahn auf den bislang geltenden weitgehenden US-Exportstopp für Corona-Impfstoffe.
Die US-Regierung hatte sich zuvor für eine vorübergehende Aussetzung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe ausgesprochen. „Das ist eine weltweite Gesundheitskrise, und die außergewöhnlichen Umstände der Covid-19-Pandemie verlangen nach außergewöhnlichen Maßnahmen“, erklärte die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai am Mittwoch.
„Deutschland sollte dem Beispiel der USA folgen und sich jetzt in der EU dafür stark machen, den Patentschutz für Covid-19-Impfstoffe, Diagnostika und Therapien vorübergehend auszusetzen“, forderte daraufhin auch die Präsidentin der Hilfsorganisation Brot für die Welt, Dagmar Pruin. Angesichts der hohen Infektionsraten in Ländern wie Indien und Brasilien dürfe wir nicht noch mehr Zeit verloren gehen.
Auch Amnesty International forderte Deutschland und die EU auf, dem Beispiel der USA zu folgen. „Es genügt nicht, wenn Ursula von der Leyen nun ankündigt, die EU sei offen für Gespräche. Gespräche werden seit Oktober geführt“, erklärte der deutsche Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation, Markus Beeko. Nötig seien nun „endlich konkrete Verhandlungen mit dem Ziel der Patentaussetzung“.
Die globalisierungskritische Organisation Attac erklärte, die Bundesregierung sei in der EU bisher „der mächtigste Verweigerer einer solidarischen Pandemiebekämpfung“. Sie solle daher „endlich den Pakt der Egoisten verlassen und sich in der EU für eine Freigabe der Patente auf Impfstoffe, Medikamente und Diagnostika einsetzen“.