Grüne in Baden-Württemberg leiten Parteiausschlussverfahren gegen Palmer ein

Boris Palmer - Bild: Foto: Reinhard Kraasch, Lizenz: CC-BY-SA 4.0 DE, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Boris Palmer - Bild: Foto: Reinhard Kraasch, Lizenz: CC-BY-SA 4.0 DE, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Die Grünen wollen den umstrittenen Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer aus ihrer Partei entfernen. Gut drei Viertel der Delegierten eines Landesparteitags in Baden-Württemberg stimmten am Samstag für ein von der Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zuvor ins Gespräch gebrachtes Ausschlussverfahren. Palmer kündigte an, sich in dem Verfahren einzubringen. „Ich werde mich dem stellen, und sei es der letzte Dienst, den ich meiner Partei tun kann“, sagte der 48-Jährige der „Welt am Sonntag“.

Auslöser des Parteiausschlussverfahrens waren neue Rassismusvorwürfe gegen den seit langem umstrittenen Palmer. In einem Streit um Äußerungen der früheren deutschen Nationalspieler Jens Lehmann und Dennis Aogo hatte Palmer einen rassistischen, vulgären Begriff für das Genital eines dunkelhäutigen Mannes veröffentlicht.

Die Grünen-Bundesvorsitzende und Kanzlerkandidatin Baerbock schrieb dazu auf Twitter, „die Äußerung von Boris Palmer ist rassistisch und abstoßend. Sich nachträglich auf Ironie zu berufen, macht es nicht ungeschehen.“ Sie warf Palmer vor, seine Äußerungen reihten sich ein in immer neue Provokationen. „Boris Palmer hat deshalb unsere Unterstützung verloren.“ Es würden in den Landes- und Bundesgremien Konsequenzen beraten, inklusive Ausschlussverfahren.

Der Landesparteitag der Grünen stimmte mit klarer Mehrheit für einen Eilantrag für ein solches Ausschlussverfahren. Palmer hatte zuvor in einer Rede an die Delegierten gesagt, seine Äußerungen über Aogo seien „erkennbar ein vollkommen grotesker Rassismusvorwurf mit einer noch absurderen Begründung. So was nennt man Satire.“

Palmer verwies zudem darauf, dass Lehmann wegen der Bezeichnung Aogos als „Quotenneger“ zwischenzeitlich seinen Beraterposten beim Fußballverein Hertha BSC verloren hat und Aogo seinen Posten als Fußballexperte bei Sky ruhen lässt, weil er in einem Kommentar über „vergasen“ sprach. Palmer reihte diese Konsequenzen für die beiden Fußballer in die sogenannte Cancel Culture ein, die öffentliche Ächtung wegen eines vermeintlichen Fehlverhaltens.

Der „Welt am Sonntag“ sagte Palmer, er habe mit seinem Facebook-Kommentar mit dem Stilmittel der Satire zeigen wollen, wie vollkommen haltlose Rassismusvorwürfe wirklich jedem zum Verhängnis werden können. „Denunzianten“ hätten dies bei Twitter verbreitet und den Kontext beseitigt – keine 24 Stunden später hätten die Grünen ein Ausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet. Palmer sprach von einer „ernsthaften Gefahr für die offene Gesellschaft“ und nannte es eine „Bürgerpflicht“, dem entgegenzutreten.

Palmer ist seit 2007 Oberbürgermeister der Stadt Tübingen. Der 48-Jährige hatte schon häufig mit seiner provokanten Art für Kritik auch in der eigenen Partei gesorgt.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki nannte das Parteiausschlussverfahren gegen Palmer „definitiv überzogen“. Zwar könne er die Reaktion Baerbocks nachvollziehen, „da die Äußerung von Boris Palmer mehr als eine Provokation gewesen ist“, sagte Kubicki am Samstag der Funke-Mediengruppe. „Allerdings ist das eingeleitete Parteiausschlussverfahren definitiv überzogen.“

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