Über drei Jahre nach einer Erpressung des Logistikkonzerns DHL durch eine Paketbombenserie ist der mutmaßliche Täter nach Überzeugung von Polizei und Staatsanwaltschaft in Brandenburg gefasst. Wie die Ermittler in Potsdam am Donnerstag mitteilten, bestätigten Nachforschungen den Verdacht gegen einen 35-Jährigen, der sich selbst gestellt und der Tat bezichtigt hatte. Ein Haftbefehl wurde gegen Auflagen indes außer Vollzug gesetzt.
Polizei und Staatsanwaltschaft prüften die Angaben des Manns durch eigene Ermittlungen, unter anderem durchsuchten sie die Wohnanschrift des Verdächtigen. Dabei seien „beweiserhebliche Gegenstände und Unterlagen“ gefunden worden, berichteten die Behörden. Darunter befänden sich Computertechnik, ein Handy sowie eine Sturmhaube. Laut Ermittlern wollte der Verdächtige DHL um Millionenbeträge in der Kryptowährung Bitcoin erpressen.
Zu diesem Zweck soll er zwischen November 2017 und März 2018 mehrere Sprengsätze an verschiedene Adressaten in Brandenburg und Berlin verschickt haben. Eines seiner Pakete wurde am 1. Dezember 2017 in eine am Potsdamer Weihnachtsmarkt gelegene Apotheke geliefert. Während der Entschärfung musste der Markt geräumt werden, der Fall erregte damals großes Aufsehen. Die Behörden sahen sich gezwungen, die Öffentlichkeit zu warnen.
Am Mittwochabend stellte sich der nicht genauer identifizierte 35-Jährige in Begleitung eines Rechtsanwalts in Brandenburg selbst der Polizei und gab sich als der bislang unbekannte Täter zu erkennen. Vor einigen Wochen hatten die Ermittler in dem Bundesland ein Fahndungsfoto veröffentlicht.
Nach Angaben der Behörden waren insgesamt mehr als 350 Beamte an den seit rund dreieinhalb Jahren dauernden Ermittlungen beteiligt. Sie gingen dabei mehr als tausend Spuren und Hinweisen nach. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) sprach nach der Bestätigung des Tatverdachts am Donnerstag von einem „Paradebeispiel akribischer Polizeiarbeit“. Am Ende sei der Druck durch die Öffentlichkeitsfahndung zu groß geworden.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten nun versuchte räuberische Erpressung sowie versuchte schwere räuberische Erpressung in insgesamt zehn Fällen vor und beantragte einen entsprechenden Haftbefehl. Das Potsdamer Amtsgericht erließ diesen auch, setzte ihn den Ermittlern zufolge allerdings gegen „strenge Auflagen“ außer Kraft. Begründet worden sei dies mit den „persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten“ sowie der Tatsache, dass dieser sich selbst den Behörden gestellt habe.
Der in der Potsdamer Apotheke entdeckte und unschädlich gemachte Sprengsatz hätte laut Ermittlern explodieren und dabei Menschen schwer verletzen können. An die Sendung war ein per sogenanntem QR-Code verschlüsselter Erpresserbrief angeheftet. Kurz zuvor war im November 2017 bereits an ein Unternehmen in Frankfurt an der Oder ein zündfähiges Paket versandt worden, das verbrannte.