Der ruandische Präsident Paul Kagame hat sich anerkennend zum Verhalten seines französischen Kollegen Emmanuel Macron bei der Aufarbeitung der Geschichte des 1994 begangenen Völkermordes in Ruanda geäußert. Macrons jüngste Äußerungen seien „ein großer Schritt, den wir akzeptieren müssen“, sagte Kagame am Freitagabend in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP und dem Rundfunksender France Inter. Macron hatte bei einem Besuch in der ruandischen Hauptstadt Kigali am Donnerstag eine Mitverantwortung Frankreichs für den Völkermord mit mindestens 800.000 Toten eingeräumt, aber keine Entschuldigung ausgesprochen.
Kagame ist seit 1994 an der Macht und seit 2000 Präsident Ruandas. Die frühere Rebellenbewegung der Minderheit der Tutsi hatte Frankreich stets vorgeworfen, für den Völkermord mitverantwortlich zu sein. Kagame sagte nun, die Worte seines französischen Kollegen hätten einen „größeren Wert als Entschuldigungen“. In dieser Frage gebe es kein „vollkommen zufriedenstellende Antwort“. In Zukunft müsse es um die Arbeit an „neuen Etappen“ gehen.
Er habe in der Frage des Völkermords für sich niemals die Rolle eines „Richters“ beansprucht, sagte Kagame. In Zukunft dürfe es nicht mehr um die „Bitterkeit“ und die „Missverständnisse“ gehen. Zugleich müsse es Verständnis für die Gefühle und Ansichten der Überlebenden geben.
Kagame äußerte sich anerkennend darüber, dass Macron in den vergangenen Jahren eine historische Aufarbeitung der Ereignisse von 1994 vorangetrieben hatte, insbesondere durch die Einsetzung einer Historiker-Kommission. In einem Ende März vorgelegten Bericht hatte diese die „schwere Verantwortung“ Frankreichs unter dem damaligen sozialistischen Präsidenten François Mitterrand angesichts der rassistischen Entgleisungen der Hutu-Regierung in Kigali aufgezeigt, die damals von Paris unterstützt wurde.
In einem wenige Wochen später veröffentlichten ruandischen Bericht wird dem französischen Staat eine „bedeutende Verantwortung“ vorgeworfen, weil er einen „vorhersehbaren Völkermord ermöglicht“ habe. Kagame sagte, die beiden Kommissionen hätten in ihren Berichten „die Fakten aufgezeigt“ und „auf unterschiedliche Weise quasi dasselbe gesagt“.
Kagame forderte Macron auf, sein Versprechen einzuhalten, dass niemand, der wegen Völkermords-Verbrechen verfolgt werde, der Arbeit der Richter „entgehen“ könne. Dafür seien keine Auslieferungen erforderlich. Wenn „diese Leute“ in Frankreich strafrechtlich zur Verantwortung gezogen würden, sei er darüber „glücklich“.