Baerbock: „Wir kämpfen für einen neuen Aufbruch“

Annalena Baerbock - Bild: Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen/CC BY-SA 2.0
Annalena Baerbock - Bild: Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen/CC BY-SA 2.0

Die Grünen haben Annalena Baerbock trotz der Fehler der vergangenen Wochen den Rücken gestärkt. Die 40-Jährige wurde am Samstag auf dem digitalen Parteitag mit 98,5 Prozent offiziell zur Kanzlerkandidatin gekürt, sie bildet gemeinsam mit Ko-Parteichef Robert Habeck das Grünen-Spitzenduo für die Bundestagswahl. „Wir kämpfen für einen neuen Aufbruch“, sagte Baerbock in ihrer Rede. Sie betonte die Notwendigkeit, einen breiten gesellschaftlichen Konsens für den Klimaschutz zu erreichen.

Nur wenn alle Menschen mitgenommen würden, „werden die Bündnisse für den Klimaschutz stärker sein als die Bündnisse dagegen“, sagte Baerbock. „Wir brauchen jetzt die Zuversicht des Handelns.“ Sie mahnte zudem grundlegende Änderungen und Reformen an. Es dürfe keine Ausreden mehr geben, auch „kein Wegducken, kein Durchwursteln“.

Schwere Versäumnisse attestierte Baerbock der großen Koalition mit Blick auf Kinder und Jugendliche in der Corona-Pandemie. Die Politik habe bei weitem nicht das Mögliche für sie getan, „sie hat sie hängen lassen“. Baerbock sagte: „Ich stehe dafür ein, dass die nächste Bundesregierung Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt ihrer Politik stellt.“

„Eine Ära geht zu Ende“, sagte Baerbock mit Blick auf die Regierungszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Und wir haben die Chance, eine neue zu begründen“, betonte die Grünen-Chefin. Erstmals seit Jahrzehnten liege „echter Wechsel in der Luft“.

Baerbock bedankte sich nach der Wahl zur Kanzlerkandidatin für die „volle Solidarität“ und den Rückenwind aus ihrer Partei – nach dem „Gegenwind der letzten Wochen“, wo sie Fehler gemacht habe. Über diese Fehler habe sie sich „tierisch geärgert“, räumte Baerbock erneut ein.

Baerbock war wegen Fehlern in ihrem Lebenslauf in die Kritik geraten. Zudem hatte sie Nebeneinkünfte aus der Parteiarbeit zu spät an die Bundestagsverwaltung gemeldet. Die Grünen waren nach Baerbocks Vorstellung als Kanzlerkandidatin im April in den Umfragen nach oben geschnellt und hatten die CDU/CSU überholt, inzwischen gingen die Werte aber wieder deutlich zurück.

In ihrer Rede warnte Baerbock davor, Antisemitismus und Rassismus zu verharmlosen. „Wer hier herumlaviert, zieht der liberalen Demokratie den Boden unter den Füßen weg“, betonte sie. Dieses Land sei nie „nur von einer Kultur, nur von einer Lebensweise geprägt“ gewesen. Es sei „überfällig, endlich auf all die Stimmen zu hören, die schon so lange dazugehören“, betonte Baerbock. „Unsere Vielfalt ist unsere Stärke.“

Die Grünen-Kanzlerkandidatin betonte zudem die Notwendigkeit, „in die europäische Idee zu investieren“. Europa verkaufe sich „bisher unter Wert“, sagte Baerbock. Erneut bekräftigte Baerbock das Nein ihrer Partei zu der Gaspipeline Nord Stream 2. Das Projekt sei gegen die außenpolitischen Interessen Europas gerichtet.

In der Debatte um das Wahlprogramm folgten die Grünen auch beim sozialpolitischen Kapitel der Linie der Parteiführung. Gefordert wird ein Mindestlohn von zwölf Euro, die Ausweitung des Elterngeldes sowie als Sofortmaßnahme 50 Euro mehr bei Hartz IV. Am Freitag hatten die Delegierten schärfere Forderungen beim CO2-Preis oder dem Tempolimit abgelehnt.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak kritisierte das Grünen-Programm. Die Partei setze „nicht auf einen fairen sozialen Ausgleich und neue wirtschaftliche Stärke“, sagte er der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte der Zeitung mit Blick auf die Fehler Baerbocks: „Wer ins Kanzleramt will, braucht Professionalität und Seriosität.“

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