In der Debatte um das Homosexuellen-Gesetz in Ungarn hat der französische Präsident Emmanuel Macron die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem entschiedenen Kampf für die Werte der EU aufgerufen. Die Wertefrage sei für Europa „existenziell, fundamental“, sagte Macron am Freitag in Brüssel. Deshalb dürfe die EU nicht zulassen, „dass diese Werte in unserer Mitte untergraben werden“.
Dies sei auch eine Frage der Glaubwürdigkeit gegenüber Ländern, denen wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit der Beitritt in die EU verweigert werde, sagte Macron weiter. Er beklagte allgemein einen „Anstieg des Illiberalismus in den postkommunistischen Gesellschaften“. Für diesen Trend, der das Wesen der westlichen liberalen Demokratie untergrabe, sei die gesamte Gesellschaft verantwortlich und nicht nur die Politik. „Es ist kein Viktor-Orban-Problem“, fügte er hinzu.
Vielmehr müsse die EU darüber nachdenken, „wie diese Menschen an diesen Punkt kommen“, sagte der französische Präsident weiter. Nötig sei eine „tiefgreifende Debatte“ über eine neue Strategie. Dieses Thema müsse auch in der Konferenz über die Zukunft Europas zur Sprache kommen.
Kurzfristig sprach sich Macron dafür aus, das von der EU-Kommission eingeleitete Verfahren gegen Ungarn zu unterstützen – nach dem Motto: „Härte gegenüber den Politikern und Überzeugungskraft gegenüber dem Volk“. Die zuständigen EU-Kommissare haben inzwischen in einem Schreiben an die ungarische Regierung davor gewarnt, dass einige Bestandteile des Gesetzes gegen EU-Recht verstoßen – sollte Ungarn nicht einlenken, könnte sie ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten.
Ungarns Ministerpräsident Orban hatte zuvor beim EU-Gipfel in Brüssel harsche Kritik von einer Mehrheit der Staats- und Regierungschefs einstecken müssen. Das kürzlich verabschiedete Gesetz verbietet jede „Werbung“ für Homosexualität, die sich an Minderjährige richtet. Betroffen sind etwa Filme, Bücher oder Anzeigen, die das Leben von Schwulen oder Lesben als normal darstellen.