Die neue Bundesregierung will Cannabis legalisieren – diese Schlagzeile machte im Herbst die Runden. Deutschland hätte als erstes EU-Land das Rauschmittel erlauben können. Doch während die Koalitionspartner es bislang noch bei Verlautbarungen auf Twitter beließen, schaffte das Parlament in Malta plötzlich Fakten. Am 15. Dezember stimmten die Abgeordneten dafür, Cannabis freizugeben. Nun muss nur noch der Präsident dem Gesetz seinen Segen geben, dann werden in Malta die ersten legalen Joints angezündet.
Malta geht einen Sonderweg
Die Malteser verfolgen dabei einen eigenen Ansatz. Sie wollen nicht den kommerziellen Handel mit Cannabis erlauben, sondern vielmehr Privatpersonen ermöglichen, ihre eigenen Pflanzen zu ziehen. Erlaubt ist der Anbau von vier Pflanzen zuhause, spezielle Cannabisvereine dürfen für ihre Mitglieder größere Mengen anbauen. In der Öffentlichkeit ist der Besitz von 7 Gramm gestattet. Verboten bleiben hingegen der Konsum in der Öffentlichkeit sowie im Beisein von Kindern. Auch der Handel mit Cannabis bleibt untersagt. Das ist ein erheblicher Unterschied zu dem Modell, das in den USA und Kanada verfolgt wird, und das auch bald in Deutschland eingeführt werden soll. Dort wird der Handel mit Cannabis als Mittel gesehen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Und auch der Staat verdient dort am Geschäft mit den Drogen kräftig mit.
Auswirkungen auf die EU
Mit rund einer halben Million Einwohnern ist Malta der kleinste Mitgliedsstaat der EU. Aber dieser Schritt könnte Auswirkungen auf ganz Europa haben. Es könnte kommen wie in den USA: Sobald dort der erste Bundesstaat sich für die Legalisierung entschlossen hatte, folgte ein weiterer Staat nach dem anderen. Mittlerweile gibt es 18 Bundesstaaten, in denen man beliebte Sorten wie Rosetta Stone oder Green Crack ohne weiteres in einem sogenannten Dispensary kaufen kann. Neben Deutschland ist derzeit auch in Luxemburg ein Gesetz zur Legalisierung von Cannabis in Planung. Wenn diese drei Länder erst einmal Fakten schaffen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis andere EU-Länder ihrem Beispiel folgen. Noch wehren sich vielerorts konservative Regierungen gegen diesen Trend. Aber wie lange dieser Widerstand noch anhält, ist fraglich.
Zwei Modelle
Welchem Ansatz die Mehrheit der EU-Länder folgen wird, muss sich dabei noch zeigen. Ziel des maltesischen Modells ist es in erster Linie, Cannabiskonsumenten zu schützen. Sie kommen zukünftig nicht mehr in Konflikt mit dem Gesetz, solange sie die bestimmte Regeln einhalten. Außerdem wird der Verkauf von verunreinigtem Cannabis auf dem Schwarzmarkt eingedämmt, was der Gesundheit der Konsumenten zugutekommt. Wirtschaftliche Ziele verfolgt Malta mit der Legalisierung hingegen nicht. Das ist in Deutschland anders. Hierzulande sind zwar ebenfalls positive Auswirkungen für die Konsumenten zu erwarten. Es ist aber noch völlig unklar, ob der Heimanbau erlaubt sein wird. Ist das nicht der Fall, werden vor allem Unternehmen von der neuen Gesetzeslage profitieren. Wie in Kalifornien oder Colorado dürfte bei Produzenten und Händlern eine regelrechte Goldgräberstimmung entstehen.
Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass die Legalisierung von Cannabis geeignet ist, Konsumenten zu schützen und die Ermittlungsbehörden zu entlasten. Welches der beiden Modelle eher zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis in der Gesellschaft führt, muss sich jetzt zeigen.