[Exklusiv] Interview mit Katrin Bauerfeind zu „Frau Jordan stellt gleich“

Frau Jordan stellt gleich
Eva Jordan gespielt von Katrin Bauerfeind mit Philipp Stenzel gespielt von Alexander Khuon - Bild: ProSieben / Christiane Pausch

„Gleichstellungsbeauftrage sind natürlich weiblich, weil sie billiger sind.“

Du bist ein wahres Allround-Talent: Journalistin, Moderatorin, Talk-Masterin, Buch-Autorin, Podcasterin – und jetzt Hauptdarstellerin in einer Comedy-Serie. Welche Aufgabe birgt für Dich die größte Herausforderung und welche macht am meisten Spaß?

Ich war schon zu Schulzeiten in keinem Fach ein Überflieger, sondern eher breit brauchbar. Insofern hab ich mir das so gebastelt. Aber alles, was ich mache, ist am Ende unterhaltsam und halbwegs intelligent und die Kombi macht mir am meisten Spaß!

Head-Autor Ralf Husmann sagt, dass seine Inspiration zur Serie unter anderem von Ihrem Buch „Hinten sind Rezepte drin: Geschichten, die Männer nie passieren würden“ stammt. Was hat Dich zu Deinem Werk inspiriert?

Warum werden die Weinkarten im Restaurant immer noch hauptsächlich den Männern hingelegt, obwohl die sowieso immer Grauburgunder bestellen und warum fragt mich ein Veranstalter nach einer Moderation, ob ich meine Hose vergessen habe, um „subtil“ darauf hinzuweisen, dass er meinen Rock zu kurz findet? Wie so oft und auch in diesem Fall schrieb die besten Geschichten in diesem Buch das Leben.

Wie viel von Dir persönlich steckt in Eva Jordan? Was ist das?

Ich bin natürlich genauso schlagfertig und lustig. Gut, manchmal erst ein paar Stunden später, aber deswegen ist es ja eine fiktionale Serie.

Wenn Du eine andere Figur der Serie spielen könnten, welche wäre das und wieso?

Ich wäre gern der Bürgermeister, der alte Chauvi-Clown. Stell ich mir lustig zu spielen vor, ungeniert Witze von vor 30 Jahren rauszuhauen, im festen Glauben, es seien immer noch sehr fetzige Schenkelklopfer.

Wieso braucht die Gesellschaft mehr Menschen vom Schlag einer Eva Jordan?

Eva Jordan kämpft für Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Fairness. Sie will also das Richtige, liegt aber trotzdem oft falsch. Sie gibt nie auf und hat ein großes Herz. Ich finde, das können wir doch alles aktuell gut gebrauchen.

In der ersten Folge nutzt Eva Jordan ihre weiblichen Reize, um dem Bürgermeister ein höheres Budget abzuschwatzen. Sexiness und Feminismus – wie passt das zusammen?

Wie Knackarsch auf Eimer. Ich jedenfalls finde selbstbewusste Frauen sehr sexy und deswegen geht beides gut zusammen. Und dass Eva manchmal übers Ziel hinausschießt, hilft ihr meist überhaupt, irgendwas zu erreichen. Echte Figuren, die nicht immer alles richtigmachen, gibt es so selten im Fernsehen, deswegen feier‘ ich unsere Serie hart.

Welches Thema rund um die Gleichstellung sollte es Deiner Meinung nach unbedingt mal in die Serie schaffen?

Ich bin immer wieder erstaunt, wie klug und aktuell unser Showrunner Ralf Husmann die Themen aufgreift. Wir behandeln ja durchaus echte und ernste Fälle und machen dennoch Comedy. In der kommenden Staffel hat er bereits die „Fridays for Future“-Bewegung drin, die verhunzte Karnevalsrede von Annegret Kramp-Karrenbauer oder auch die Diskussion um Frauen, die älter sind als der Partner. Bei uns kommen Schwarze und Behinderte, Rentner, Kinder und der berühmte Migrationshintergrund vor. Insofern haben wir immer schon alles drin, bevor ich es mir wünschen kann.

Wo übertreibt es unsere Gesellschaft in Bezug auf Gleichstellung?

Bei den Konzerten von U2 hängen Plakate, auf denen sinngemäß steht: Solange nicht alle gleichberechtigt sind, ist keiner gleichberechtigt. Finde ich sehr wahr, insofern würde ich mir eher wünschen, dass wir langsam mal anfangen, zu übertreiben, weil davon bisher nicht die Rede sein kann.

Interessanter Fakt: In Deutschland müssen Gleichstellungsbeauftragte per Gesetz weiblich sein. Was sagst Du dazu?

Gleichstellungsbeauftrage sind natürlich weiblich, weil sie billiger sind. Frauen werden ja sehr viel schlechter bezahlt. Kleiner Scherz … wobei …! Aber als Frau ist man einfach kompetenter, wenn´s um die eigene Benachteiligung geht. Hätten sich in der Vergangenheit vor allem Männer für gleichberechtigte Bezahlung oder Förderung von Frauen hervorgetan, hätte es den Posten ja nirgendwo gebraucht.

Deine Gedanken zum Thema …

… Unisex-Toiletten?

Find ich gut. Wie ich höre, soll es auf den Herrentoiletten wesentlich sauberer zugehen als auf den Frauenklos. Und ich bin Schwäbin, ich hab nix gegen Sauberkeit.

… genderspezifisches Spielzeug?

Halte ich für völligen Mumpitz und Geldmacherei. Auch wenn viele 4-Jährige mir an dieser Stelle sicherlich vehement widersprechen …

… Frauenparkplätze?

Sehr gute Erfindung, ich kann nur befürworten, dass Frauen auch in anderen Lebenslagen anfangen, sich die besten Plätze zu sichern.

… Frauenquote?

Sinnvoll, wichtig und höchste Zeit. Männer faseln an der Stelle ja immer was von „es darf nicht ums Geschlecht, sondern nur um Kompetenz gehen“. Da möchte ich Katja Dittrich zitieren: Jeder darf sich an der Stelle gerne die Lachtränen mit einem Andreas Scheuer-Foto trocknen.

… Kreuz im Klassenzimmer / in öffentlichen Gebäuden?

Ich finde Religion ist ein schönes privates Hobby, sollte aber weder staatlich subventioniert noch gefördert werden.

… #MeToo?

Wichtige Debatte, die leider ein bisschen untergangen ist, weil hauptsächlich Boomer denken, es ginge irgendwie um ihre verkorksten Flirtversuche. Daran arbeiten sie sich seitdem hartnäckig ab, obwohl es, wie wir alle wissen, um strukturelle Benachteiligung im großen Stil geht. Damit ist der Kern des Problems auch schon recht gut wiedergegeben.

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