Ein Frauen- und Revolverheld: Kult-Knurrer Clint Eastwood wird 90

Auch mit nun 90 Jahren eine eindrucksvolle Gestalt: Clint Eastwood. - Tinseltown/Shutterstock.com

Im Kino läuft der Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ an, der Zwergplanet Pluto wird entdeckt und in San Francisco, Kalifornien, kommt ein Junge namens Clinton „Clint“ Eastwood Jr. auf die Welt. Als der Sohn eines Buchhalters im Jahr 1930 am 31. Mai geboren wird, hätte wohl niemand für möglich gehalten, was für eine wortkarge Weltkarriere dem kleinen Wonneproppen beschienen sein würde – geschweige denn, dass er ihr auch mit nunmehr 90 Lenzen so inbrünstig wie eh und je nachgeht. Doch wer so lange lebt und schafft, bleibt nicht frei von Kontroversen.

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Clint hält sich als Schwimmlehrer im Krieg über Wasser

Einen Namen mag sich Eastwood als unverschämt cooler Cowboy oder knüppelharter Cop auf der Leinwand gemacht haben. Als Kind galt er hingegen eher als introvertiert, gar schüchtern. Ihren Teil dazu beigetragen haben dürfte die Tatsache, dass er wegen der häufigen Umzüge seiner Eltern während der Depressionszeit immer „der Neue“ an der Schule war. Von sonderlichem Erfolg war Eastwoods Schullaufbahn jedenfalls nicht gekrönt und so arbeitete er als junger Mann schließlich mal als Supermarktangestellter, Lagerarbeiter oder – obwohl als Soldat für den Koreakrieg eingezogen -, als Bademeister im Militärstützpunkt Fort Ord in Kalifornien.

Statt im Stellvertreterkrieg zwischen Ost und West im koreanischen Dschungel zu liegen, war Eastwood das Glück beschienen, seine US-Heimat nicht verlassen zu müssen. Mehr noch: Laut seiner offiziellen Biografie lernte er in Fort Ord sogar noch jemanden namens Chuck Hill kennen, der ihm die Tür nach Hollywood aufstieß. Dort legte man ihm aber umgehend Schauspielunterricht nahe, weil er die Angewohnheit hatte, seine Zeilen mit zusammengebissenen Zähnen darzubieten – quasi bis heute das Markenzeichen des Kult-Knurrers.

Einmal Spagetti-Western, bitte!

Unzählige kleine und zuweilen undankbare Rollen später war es das Jahr 1958, das Eastwoods Karriere endlich die nötige Traktion geben sollte. Er ergatterte eine der Hauptrollen in der Westernserie „Tausend Meilen Staub“ (1959-1966, Originaltitel: „Rawhide“), der er als rechtschaffener Heißsporn Rowdy Yates bis zu deren Absetzung nach acht Staffeln die Treue hielt. Den Cowboyhut sollte er jedoch nicht mehr so schnell loswerden…

Ende 1963 nahm er die Rolle des „Mann ohne Namen“ im Film eines unbekannten italienischen Regisseurs an – Sergio Leone (1929-1989). Mit „Für eine Handvoll Dollar“ hatte Eastwood endlich den langersehnten Transfer vom langweiligen Helden hin zum Antihelden gemacht: „Bei ‚Rawhide‘ wurde ich der Rolle des typischen Strahlemanns, der alten Frauen und Hunden ein Küsschen gibt und nett zu allen ist, so überdrüssig“, wird er im Buch „Aim for the Heart: The Films of Clint Eastwood“ zitiert. Über zu nette Rollen musste er sich in Italo-Streifen wie „Für ein paar Dollar mehr“ (1965), „Zwei glorreiche Halunken“ (1966) oder US-Western der Marke „Hängt ihn höher“ (1968) und „Ein Fressen für die Geier“ (1969) jedenfalls nicht sorgen.

Dirty Harry und ein Regie-Debüt

Der Anfang der 70er Jahre stellt für Eastwood in doppelter Hinsicht eine wichtige Phase seines Schaffens dar. Zum einen machte er sich 1971 erstmals mit einer anderen Paraderolle abseits des Cowboys einen Namen – mit der des beinharten Polizisten Harry „Dirty Harry“ Callahan, der in insgesamt fünf Teilen von Verbrechern gerne einen Grund serviert bekommt, um sie abservieren zu können: „Na komm‘ schon, make my day!“

Zum anderen feierte er ebenfalls 1971 mit dem Thriller „Sadistico – Wunschkonzert für einen Toten“ sein Debüt als Regisseur. Mit wenigen Ausnahmen castete er sich in seinen insgesamt 39 Regiearbeiten bis dato gerne selbst, vornehmlich als Hauptfigur. Zuletzt etwa erst 2018 im Streifen „The Mule“ oder im inzwischen nun schon zwölf Jahre alten Drama „Gran Torino“.

Die größten Erfolge in seiner langjährigen Karriere durfte er jedoch immer nur als Regisseur feiern. Seine ersten beiden Oscars griff er 1993 für die beste Regie und den besten Film jeweils für „Erbarmungslos“ ab, ging als Hauptdarsteller in dem düsteren Spätwestern jedoch leer aus. Die exakt gleiche Konstellation dann im Jahr 2005, als er erneut zwei Oscars (beste Regie, bester Film) für „Million Dollar Baby“ einheimste, selbst aber als Hauptdarsteller das Nachsehen hatte. Ein Schauspiel-Goldjunge fehlt ihm bis heute, etwas Zeit bleibt ihm dafür aber noch, wie er bereits in seiner Oscar-Dankesrede 2005 mit 75 Lenze scherzte. Denn damals im Publikum: Seine stolze Mutter Ruth im Alter von 96 Jahren, der er herzerwärmend putzig für „ihre guten Gene“ dankte.

Er singt gern und flirtet noch lieber

In den 60er Jahren war es gang und gäbe für Schauspieler, sich auch hinterm Mikrofon als Sänger zu versuchen. Gekoppelt an seine damalige Rolle in der TV-Serie „Tausend Meilen Staub“ trällerte er etwa die Platte „Rawhide’s Clint Eastwood Sings Cowboy Favorites“ und hatte sogar ein Duett mit Ray Charles (1930-2004, „Beers to You“). Auch das Abspannlied von „Gran Torino“ sang Herr Eastwood selbst ein.

Bei der Damenwelt kommt man(n) mit derartig vielseitigen Talenten gut an und Eastwood präsentierte sich diesbezüglich nie als Kind von Traurigkeit. Acht Kinder hat der Mime, die Hälfte davon stammt aus unehelichen Beziehungen und/oder Seitensprüngen. So auch sein wohl berühmtester Spross, Sohnemann Scott Eastwood (34). Ihn und dessen Schwester Kathryn (32) zeugte Eastwood mit der Flugbegleiterin Jacelyn Reeves (68), während er eigentlich eine Beziehung mit der (verheirateten) Schauspielerin Sondra Locke (1944-2018) führte.

Die Legende und der leere Stuhl

Auch politisch sorgte Clint Eastwood immer wieder für Aufsehen. Etwa, als er von 1986 bis 1988 Bürgermeister der kalifornischen Kleinstadt Carmel-by-the-Sea war. Unvergessen jedoch ein Auftritt im Jahr 2012, den Eastwood selbst nur zu gerne aus seiner Vita streichen würde. Bei einer Wahlveranstaltung der Republikaner führte er ein angeregtes Fremdschäm-Gespräch mit einem leeren Stuhl, der den damaligen Präsidenten Barack Obama (58) personifizieren sollte. Auf die Frage, was er in seiner Karriere am meisten bereue, sagte er laut „The Washington Post“: „Ich schätze, als ich diese dämliche Sache bei der Republikaner-Versammlung gemacht und mich mit dem Stuhl unterhalten habe.“ Selbst ein alter (harter) Hund lernt eben nie aus.

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