Normalerweise wäre die Bar Santos gegenüber der berühmten Mezquita in Córdoba voller Touristen. Doch in diesem Sommer ist in der andalusischen Stadt wegen Corona „alles tot“, klagt Eigentümer Jesús Maldonado. Spanien, auf der Liste der Top-Reiseziele weltweit auf Platz zwei hinter Frankreich, treffen die Umsatzeinbrüche im Tourismus besonders hart. Die Bekämpfung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie stand denn auch bei dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez am Dienstag ganz oben auf der Tagesordnung.
Rund um die Mezquita von Córdoba – eine Moschee aus dem achten Jahrhundert, die später in eine Kathedrale umgewandelt wurde – drängen sich sonst die Touristen. Doch seit der Wiedereröffnung Ende Mai nach der Corona-Schließung haben nur 16.000 Menschen das Unesco-Weltkulturerbe besucht – so viele wie sonst in einer Woche, sagt Kirchensprecher José Juan Jimenez Güeto. „Es wird Monate dauern, das wieder aufzuholen.“
Viele Restaurants, Hotels und Läden in der Nähe sind noch immer geschlossen. In der Bar Santos arbeitet nur Eigentümer Maldonado, der Umsatz erreiche gerade mal „ein Viertel des Normalen“, erzählt er. Seine zehn Angestellten hat er in Kurzarbeit geschickt.
In den ersten fünf Monaten 2020 stürzten die Ausgaben ausländischer Besucher in Spanien im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 62 Prozent ab. Der Einbruch im Tourismussektor, der zwölf Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts ausmacht, trifft besonders die Orte im Landesinneren wie Córdoba, die statt Stränden mit kulturellen Sehenswürdigkeiten locken.
Auch Städte wie Granada, Toledo und Segovia kämpfen nach Angaben des spanischen Hotelverbandes mit Umsatzeinbrüchen von mehr als 50 Prozent bei den Restaurants und Bars in den historischen Zentren.
Die Auslastung der Hotels liege im Landesinneren in Andalusien bei durchschnittlich 25 Prozent im Juli, gut zehn Prozentpunkte niedriger als in Betrieben entlang der Küste, sagt der Chef des regionalen Hotelverbandes Horeca, Francisco de la Torre. Er befürchtet, die andalusische Gastronomie müsse bis zu einem Drittel ihrer Belegschaft kündigen.
María Lara Galindo führt seit zehn Jahren asiatische Touristen durch die andalusische Kleinstadt Ronda, berühmt für ihre Stierkampfarena und die Steinbrücke über eine spektakuläre Schlucht. Seit Mitte März „war ich nicht mehr bei der Arbeit, da ist nichts“, sagt sie.
Sie ist eine von 500.000 Selbständigen in der spanischen Tourismusindustrie, von denen nach Angaben des Verbandes ATA bis zu 100.000 ihre Jobs verlieren könnten. Zwar dürfen japanische und südkoreanische Touristen wieder einreisen, doch Galindo erwartet sie nicht vor nächstem Sommer zurück.
Auch in Sevilla gibt es fast keine ausländischen Touristen, und selbst spanische Reisende sind rar. Zwei von ihnen sind der Krankenpfleger Jordi Reinés und seine Freundin Noemi García aus Barcelona, die eine Reise nach Portugal absagten, um ihren Urlaub in Andalusien zu verbringen. „Wir dachten nicht einmal daran, ins Ausland zu reisen“, sagt García.
José Romero besitzt einen Eis- und Getränke-Stand an der zentralen Plaza de España und verzeichnet kaum zehn Prozent der Einnahmen des Vorjahres: „Das ist ein verlorenes Jahr, die Leute haben nicht genug Zuversicht zum Reisen“, berichtet er. Ein Dutzend Souvenirläden in der Nähe sind ganz geschlossen.
„Unsicherheit und Angst verzögern alles“, klagt auch Isabel Díaz, die nach vier Monaten Schließung den Fächer-Laden ihrer Familie wieder geöffnet hat – die Boutique war zuvor nicht einmal während des spanischen Bürgerkrieges 1936 bis 1939 geschlossen. ATA-Vizepräsidentin Celia Ferrero macht die Berichte über neue Corona-Ausbrüche für die Zurückhaltung verantwortlich: „Die Konsumenten stehen noch immer unter Corona-Schock, und das wird auch so bleiben, bis es eine Lösung gibt.“