Die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hat den angekündigten Teilrückzug des irischen Billigfliegers Ryanair aus Deutschland am Mittwoch als unverständlich kritisiert. Hintergrund ist ein am Dienstag bekannt gewordenes internes Schreiben, wonach die Flughäfen Hahn im Hunsrück sowie Weeze bei Düsseldorf bereits vor Beginn des Winters nicht mehr als Basen genutzt werden sollen. Gleiches gilt für den Flughafen Berlin-Tegel, der aber ohnehin Anfang November geschlossen werden soll.
Die Unternehmensleitung habe immer wieder betont, dass Ryanair „der Krise ganz gut Herr“ geworden sei, sagte Cockpit-Sprecher Jannis Schmitt dazu am Mittwoch dem SWR. Er äußerte die Befürchtung, die Fluggesellschaft wolle in der Krise „einfach nur Mitnahmeeffekte generieren“ und beispielsweise Piloten später zu schlechteren Konditionen wieder einstellen.
Den Informationen des Unternehmens an die Piloten zufolge soll der von Ryanair als „Frankfurt-Hahn“ bezeichnete Flughafen im Hunsrück ab 1. November nicht mehr als Basis genutzt werden; ein genaues Datum für „Düsseldorf-Weeze“ soll kommende Woche mitgeteilt werden. Ob dies auch bedeutet, dass diese Flughäfen von Ryanair gar nicht mehr angeflogen werden oder von anderen Stützpunkten aus bedient werden, war zunächst unklar.
Personalkürzungen dürfte es demnach zudem an den Ryanair-Basen Frankfurt am Main, Köln-Bonn und Berlin-Schönefeld geben, in geringerem Maße auch in Baden-Baden und Memmingen. Das genaue Ausmaß der Einschnitte will das Unternehmen demnach vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie abhängig machen, die Rede ist von der Streichung von rund 3000 Stellen.
Ryanair verhandelt derzeit mit den Beschäftigten des Unternehmens sowie mehrerer Tochtergesellschaften über Gehaltskürzungen. Dabei geht es um Einkommensverluste von 20 bis 30 Prozent für mehrere Jahre. Dies wurde laut VC von den Piloten der Ryanair-Tochter Malta Air abgelehnt. Die Gewerkschaft steht den Unternehmensforderungen insgesamt skeptisch gegenüber – was wiederum bei Ryanair auf Kritik stößt. In Großbritannien haben Piloten des Unternehmens Gehaltseinbußen akzeptiert.
Ein Hintergrund der Schließungspläne könnte allerdings auch eine Umorientierung des Unternehmens sein. So will Ryanair für Start- und Landerechte mitbieten, die Lufthansa im Gegenzug für staatliche Milliardenhilfen in Frankfurt am Main und München abgeben muss. Ryanair lehnt selbst Staatshilfen wegen der Corona-Krise ab und geht juristisch gegen solche Programme zugunsten der Lufthansa und anderer europäischer Fluggesellschaften vor.
Der massive Rückgang des Flugverkehrs aufgrund der Pandemie stellt die betroffenen Unternehmen insgesamt vor massive Probleme. Die US-Luftfahrtgesellschaft United Airlines teilte am Mittwoch mit, sie habe von April bis Juni wegen der weltweiten Corona-Einschränkungen einen Verlust von 1,6 Milliarden Dollar (1,39 Milliarden Euro) verzeichnet. Die Fluggesellschaft sprach in New York vom „schwierigsten“ Quartal der Unternehmensgeschichte.
In einem gemeinsamen Brief drängten die Chefs der Lufthansa und weiterer großer Fluggesellschaften am Dienstag die US-Regierung und die EU-Kommission, eine Wiederaufnahme des Flugverkehrs zwischen den USA und Europa zu ermöglichen. Vorgeschlagen wird in dem Schreiben ein koordiniertes, gemeinsames Corona-Testprogramm. Auf Quarantänevorgaben oder Einreise-Beschränkungen solle dagegen verzichtet werden, heißt es in dem Brief an US-Vizepräsident Mike Pence und EU-Innenkommissarin Ylva Johansson.