Nach der coronabedingten Schließung von zwei Schulen in Mecklenburg-Vorpommern rückt die Maskenpflicht im Klassenraum ins Zentrum der Debatte. Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) mahnte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, in der Schule Mund- und Nasenbedeckungen zu tragen, wenn die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können. Die Vorsitzende des Marburger Bunds, Susanne Johna, nannte das Tragen von Masken während des Unterrichts aber eine „überflüssige Behinderung“.
Eine Maskenpflicht auch im Unterricht ist bislang nur in Nordrhein-Westfalen an den weiterführenden und berufsbildenden Schulen geplant. Schleswig Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, für ihr Bundesland gehe sie davon aus, dass eine Maskenpflicht „zum jetzigen Zeitpunkt weder medizinisch notwendig noch verhältnismäßig wäre“.
Natürlich werde die Entwicklung unter Umständen neu bewertet, fügte Priein hinzu. In Mecklenburg-Vorpommern hatten die Gesundheitsämter am Freitag – vier Tage nach dem Start ins neue Schuljahr – zwei Schulen wegen Corona-Infektionen wieder geschlossen.
Die Marburger-Bund-Vorsitzende Johna sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Wenn alle auf ihren Plätzen sitzen und Abstand sichergestellt ist, macht das Tragen von Masken während der Unterrichtsstunden überhaupt keinen Sinn und wäre eine überflüssige Behinderung.“ Sinnvoll sei die Maske dann, wenn es eng werde – „etwa beim Verlassen der Klasse, vor dem Schulkiosk oder auf dem Pausenhof, wenn mehrere Klassen gleichzeitig Pause haben“.
Johna hält die Rückkehr zum Regelbetrieb an den Schulen für geboten: „Der Schulbetrieb ist eine Großveranstaltung, die wir uns leisten müssen.“ Die allermeisten Schulen hätten gute Hygienekonzepte entwickelt, sodass die Rückkehr zum Unterricht jetzt vertretbar und richtig sei.
Der Bundeselternrat kritisierte dagegen die mangelnde Vorbereitung. Die Corona-Fälle in Mecklenburg-Vorpommern „zeigen uns leider, dass die Schulen zu schnell und unvorsichtig geöffnet wurden“, sagte der Vorsitzende Stephan Wassmuth der „Welt“.
Es sei „ärgerlich, dass die Kultusminister das so lässig angegangen sind und die Sommerferien nicht dafür genutzt haben, einen verlässlichen Unterricht auch in Corona-Zeiten vernünftig vorzubereiten“. Der Bundeselternrat habe „seit Wochen“ dafür plädiert, Klassen zu teilen, um im Falle eines Ausbruchs nur wenige Schüler in Quarantäne schicken zu müssen.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erwartet ein Schuljahr „mit viel Improvisation“, wie die Vorsitzende Marlis Tepe der „Wirtschaftswoche“ sagte. Auch sie kritisierte, die Landesregierungen hätten die Ferienzeit zu wenig für die konzeptionelle Arbeit genutzt.
Viele Lehrkräfte und Schulen seien auch weiterhin nicht auf digitalen Unterricht vorbereitet. Zwar dürften die meisten Lehrerinnen und Lehrer das Werkzeug Videokonferenzen beherrschen, „weil sie sich selber fortgebildet und ausprobiert haben“, sagte Tepe der „Wirtschaftswoche“. „Aber wirklich gut vorbereitet sind viele Schulen weiterhin nicht.“
Der digitale Unterricht scheitere nicht etwa am Willen der Lehrer, sondern an der fehlenden Infrastruktur, sagte Tepe: „Die digitale Ausstattung der Schulen ist in der Regel katastrophal.“ Nur etwa zehn Prozent der Lehrkräfte würden die notwendigen Geräte wie Tablets und Laptops durch ihre Schulen gestellt bekommen, private PCs dürften aber nicht genutzt werden. In den Schulen selbst müssten sich teils 1000 Kinder 100 Laptops teilen.