Grüne untermauern mit überarbeitetem Programmentwurf politischen Führungsanspruch

Michael Kellner - Bild: gruene.de
Michael Kellner - Bild: gruene.de

Knapp drei Monate vor ihrem Bundesparteitag haben die Grünen am Freitag den überarbeiteten Entwurf für ihr neues Grundsatzprogramm vorgelegt. Neben Kernforderungen für Klimaschutz und ein neues soziales Sicherheitsversprechen enthält das Papier mit der Überschrift „Veränderung schafft Halt“ zusätzliche Aussagen für eine Stärkung des Gesundheitssystems sowie im Vergleich zu früheren Fassungen eine schärfere Abgrenzung vom Hartz-IV-System.

Der Entwurf sei „ein Angebot für die Breite der Gesellschaft, das unseren Führungsanspruch für und mit dieser Gesellschaft untermauert“, schrieb Bundesgeschäftsführer Michael Kellner zu dem Text auf Twitter. Durch Beiträge und Ideen der Mitglieder sei der ursprüngliche Text noch einmal „enorm verbessert“ worden.

Im Gesundheitsbereich wenden sich die Grünen gegen Privatisierungen und den Vorrang von Profitstreben. „Gesundheitsversorgung ist öffentliche Aufgabe“ heißt es in dem Text. „Entscheidend ist nicht, was sich rentiert, sondern was notwendig ist.“ Bei Krankenhäusern müsse „die Benachteiligung öffentlicher Träger beendet“ werden. Das geltende System der Fallpauschalen müsse „durch eine strukturelle Finanzierung ergänzt werden“, bei der Kliniken nicht nur nach erbrachten Leistungen, sondern auch unter Berücksichtigung ihres gesellschaftlichen Auftrages bezahlt werden.

Das heikle Thema Homöopathie wird nicht ausdrücklich erwähnt, doch lässt der Entwurf Distanz erkennen. „Leistungen, die medizinisch sinnvoll und gerechtfertigt sind und deren Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen ist, müssen von der Solidargemeinschaft übernommen werden“, heißt es. Über Homöopathie, für deren Wirksamkeit wissenschaftliche Belege fehlen, als Kassenleistung war in der Partei lange gestritten worden.

Soziale Transferleistungen sollen nach dem Willen der Grünen „durch eine Garantiesicherung nach dem Prinzip der Bedarfsgerechtigkeit erfolgen“. Weitere Bedingungen soll es für die Gewährung dieser Leistung nicht geben, womit sie einer Grundsicherung entsprechen würde. „Mit der Grundsicherung überwinden wir Hartz IV“, heißt es in dem Programmentwurf.

Bekräftigt wird in dem Text die Forderung nach dem Übergang vom „fossilen Zeitalter“ zur „ökologischen Moderne“. Leitlinie sei dabei das Pariser Klimaschutzabkommen mit der Vorgabe, „die Erderhitzung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen“. Europa müsse „so schnell wie möglich Klimaneutralität erreichen“. 

Die Grünen pochen dabei auf den Budget-Ansatz, der aufzeige, „wie viele Treibhausgasemissionen jedes Land noch ausstoßen darf“ und auf hundert Prozent erneuerbare Energien als „Schlüsselaufgabe“.

Mit ihrem Entwurf lägen die Grünen bei Umwelt und Naturschutz „im Parteienranking vorn“, erklärte der Umweltverband BUND. Er kritisierte allerdings relativ offene Formulierungen zur Gentechnik. In dem Programm bekennen sich die Grünen zu gentechnischer Forschung, neue gentechnische Verfahren müssten aber mit Risikoanalysen und „einem strengen Zulassungsverfahren“ verknüpft werden.

Die Organisation Mehr Demokratie bemängelte, dass die Forderung nach bundesweiten Volksentscheiden nicht mehr in dem Entwurf enthalten ist. Stattdessen setzen die Grünen in dem Text als Ergänzung der repräsentativen Demokratie auf „die Alltagsexpertise von Bürger*innenräten“, die auch auf Bundesebene beratend in die politischen Entscheidungsprozesse einfließen solle.

Das neue Programm soll auf dem Parteitag vom 20. bis 22. November in Karlsruhe beschlossen werden. Der genaue Ablauf ist wegen der Corona-Pandemie allerdings noch unklar.

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