Deutschlands Intensivmediziner bereiten sich auf eine wachsende Zahl von Corona-Toten vor. „Die Totenzahlen werden in den kommenden Wochen weiter steigen“, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Uwe Janssens, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Deutsche Lehrerverband rechnet derweil mit einer zunehmend schwierigen Lage an den Schulen. Einem Medienbericht zufolge sind derzeit zehntausende Schüler in Quarantäne.
Divi-Präsident Janssens sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag, die aktuell steigende Zahl der Covid-19-Toten spiegele zeitversetzt das anwachsende Infektionsgeschehen der vergangenen Wochen wider. Von der Erstinfektion bis zu einer schweren Erkrankung dauere es in der Regel zehn bis 14 Tage, die durchschnittliche Zeit auf der Intensivstation betrage 21 bis 24 Tage.
Daraus folge, dass sich viele der jüngst Verstorbenen vor mehr als fünf Wochen angesteckt hätten. In den vergangenen Tagen lag die Zahl der vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldeten Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion mehrmals in Folge im zweistelligen Bereich.
Janssens geht dennoch nicht von einer derart dramatischen Entwicklung wie im Frühjahr aus. „Die Intensivmediziner wissen heute viel mehr über erfolgreiche Behandlungsmöglichkeiten und können medikamentös gezielter eingreifen.“ Zudem hätten die Verantwortlichen gelernt, besonders gefährdete Gruppen wie Alte und Kranke besser zu schützen.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, rechnet mit einer Verschlechterung der Lage an den Schulen. Derzeit sind rund 50.000 Schüler in Quarantäne, wie die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf eine Umfrage bei den zuständigen Landesministerien berichtete. Diese Zahl werde sich nach Auffassung des Verbands „in den nächsten drei Monaten noch mehr als verdoppeln, wahrscheinlich sogar vervielfachen“, sagte Meidinger dem Blatt.
In der Folge dürfte es „immer schwieriger werden, Infektionsausbrüche zu kontrollieren und einzudämmen“, sagte er. Inzwischen steige auch die Zahl der Fälle, bei denen eine Ansteckung innerhalb der Schule als wahrscheinlich gelten könne.
Das Umweltbundesamt (UBA) hält als Schutzmaßnahme das ausgiebige Lüften von Klassenräumen für notwendig. Es solle „bei weit geöffneten Fenstern in jeder Unterrichtspause und – um auf der sicheren Seite zu sein – auch alle 20 Minuten kurz während des Unterrichts“ gelüftet werden, sagte UBA-Präsident Dirk Messner den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Am besten mit Durchzug, das geht am schnellsten.“
Am Dienstag beraten erneut die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie. Die Landkreise fordern dabei eine bundesweite Obergrenze für die Teilnehmerzahl von Privatfeiern. Der gegenwärtige Flickenteppich irritiere die Menschen, sagte Landkreistagspräsident Reinhard Sager der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Ab 50 Teilnehmern einer privaten Feier werde es „logistisch extrem schwierig, die Kontakte nachzuverfolgen, wenn ein Covid-Positiver unter der Gesellschaft war“, sagte der CDU-Politiker Sager. Daher plädiere er für eine Obergrenze unterhalb von 50.
Beim Bund-Länder-Gipfel am Dienstag müsse die einheitliche Obergrenze kommen, forderte Sager. Zudem müsse die Einhaltung „kontrolliert und der Verstoß auch sanktioniert werden, sonst bringt das nichts“.
Unterdessen kann Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) der Corona-Krise auch Gutes abgewinnen. „Wir sehen wieder, was freiwilliges Engagement und ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe wert sind“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Dass der Zusammenhalt auch in den Familien wieder stärker wird, das sind alles gute menschliche Erfahrungen.“