Das Ziel, bis 2030 keinen Menschen mehr Hunger leiden zu lassen, rückt nach Angaben der Welthungerhilfe in weite Ferne. „Die Fortschritte bei der weltweiten Hungerbekämpfung sind in Folge von Ungleichheit, Konflikten, Vertreibung und Klimawandel viel zu gering“, um das verbindliche Ziel der Vereinten Nationen bis 2030 zu erreichen, wie der am Montag veröffentlichte Welthunger-Index verdeutlicht. Die Corona-Pandemie wirke zusätzlich „wie ein Brandbeschleuniger“.
Der Bericht berechnet die Ernährungslage in 107 Ländern der Erde. Dabei wiesen 14 Länder höhere Hungerwerte auf als noch 2012, darunter fallen Kenia, Madagaskar, Venezuela und Mosambik. Die Zahl der Hungernden ist demnach weltweit auf derzeit 690 Millionen Menschen gestiegen.
Nach Angaben der Welthungerhilfe haben die Corona-Krise und ihre wirtschaftlichen Folgen die Ernährungsunsicherheit von Millionen Menschen verschärft. „Armut und Hunger werden nach allen Prognosen stark zunehmen und der Klimawandel verschlimmert die schwierige Lage der Menschen zusätzlich“, sagte Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe.
Sie forderte eine Ausweitung der sozialen Sicherungssysteme in den betroffenen Ländern, damit sich Armut und Hunger nicht weiter verschärfen. Gehe die Hungerbekämpfung weiter wie bisher, „werden es 37 Länder bis 2030 nicht schaffen, ein niedriges Hungerniveau zu erreichen“, erklärte Thieme.
„Der Welthungerindex 2020 zeigt eindringlich, dass die Staatengemeinschaft handeln muss, um den wieder zunehmenden Hunger in der Welt zu bekämpfen“, erklärte der für Fragen der Entwicklungspolitik zuständige stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Hermann Gröhe. Es sei eine internationale Gemeinschaftsaufgabe von humanitärer Hilfe, Entwicklungspolitik, Klimaschutzpolitik und Außenpolitik, die Ursachen für den Hunger zu beseitigen.
Dass die Bekämpfung des Hungers in der Welt eines der zentralen Themen internationaler Solidarität ist, würdigte auch das Nobelkomitee. Es vergab den diesjährigen Friedensnobelpreis am Freitag an das UN-Welternährungsprogramm (WFP). Das WFP sei eine „treibende Kraft“ bei der Bekämpfung des Hungers weltweit sowie gegen den „Einsatz von Hunger als Waffe“ in Kriegs- und Konfliktgebieten, begründete das Gremium seine Entscheidung.