Trump setzt auf die juristische Kämpferin für „das Reich Gottes“

Amy Coney Barrett - O-Bild: Rachel Malehorn / CC BY
Amy Coney Barrett - O-Bild: Rachel Malehorn / CC BY

Amy Coney Barrett ist erzkonservativ, tief religiös – und gewissermaßen ein Wahlkampfgeschenk von US-Präsident Donald Trump an seine Anhänger. Denn mit der 48-jährigen Juristin, deren Senatsbestätigung zur neuen Verfassungsrichterin am Montagabend als Formsache galt, wächst rund eine Woche vor der Präsidentschaftswahl die konservative Mehrheit am mächtigen Supreme Court. Trumps Basis ist entzückt. Und Barrett könnte schon bei der Präsidentschaftswahl selbst eine wichtige Rolle spielen.

Im Eiltempo und gegen den erbitterten Widerstand der oppositionellen Demokraten drückten Trumps Republikaner die Personalie durch. Die Ernennung konservativer Bundes- und Verfassungsrichter war eines von Trumps zentralen Wahlkampfversprechen vor vier Jahren. So hatte der zwei Mal geschiedene Immobilienmogul mit dem schillernden Privatleben auch zögerliche konservative und religiöse Wähler für sich gewonnen.

Nun hofft der vor der Wahl am 3. November in Umfragen zurückliegende Amtsinhaber, mit der Personalie Barrett seine Anhänger neu mobilisieren zu können. Die strenggläubige Katholikin genießt im rechten Lager große Beliebtheit, teilweise sogar Heldinnenstatus.

Die siebenfache Mutter, die unter anderem zwei adoptierte Kinder aus Haiti und einen Sohn mit dem Down-Syndrom hat, ist eine strikte Abtreibungsgegnerin. Sie hat sich auch für das Recht auf Waffenbesitz eingesetzt und ist gegen die als „Obamacare“ bekannte Gesundheitsreform von Trumps Amtsvorgänger Barack Obama vorgegangen, die mehr als 20 Millionen Menschen zu einer Krankenversicherung verhalf.

Auch mit ihren religiösen Ansichten sorgte Barrett für Aufsehen. In ihrer Zeit als Jura-Professorin an der renommierten katholischen Privatuniversität Notre Dame sagte Barrett einmal in einer Vorlesung, eine Justiz-Karriere sei immer nur ein „Mittel zum Zweck“ – und das Ziel sei, „das Reich Gottes aufzubauen“. Später beteuerte Barrett, sie könne ihre religiösen Ansichten von ihren Aufgaben als Richterin trennen.

Die Demokraten mussten machtlos mit ansehen, wie Trump nach dem Tod der linksliberalen Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg Ende September die bisherige Bundesrichterin Barrett als Nachfolgerin nominierte. Und wie die Republikaner mit ihrer Senatsmehrheit den Bestätigungsprozess durchpeitschten.

Vergeblich forderten die Demokraten, den Ausgang der Präsidentschaftswahl abzuwarten. Immer wieder erinnerten sie daran, dass die Republikaner 2016 mit Verweis auf die Wahlen monatelang einen von Obama nominierten Verfassungsrichter blockiert hatten.

Bei den Anhörungen im Justizausschuss des Senats vor zwei Wochen stellten die demokratischen Senatoren dann nicht Barretts Kompetenz in Frage. Sie nutzten vielmehr Obamacare und das Abtreibungsrecht als politische Angriffspunkte. 

Beides sei in Gefahr unter einem Supreme Court, an dem das konservative Lager künftig über eine komfortable Mehrheit von sechs der insgesamt neun Richter verfügt. Eine Warnung, die eindeutig an die Wähler gerichtet war. Diese werden am 3. November nicht nur über den künftigen Präsidenten entscheiden, sondern auch über die Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus.

Während Trump durch Barrett auf Rückenwind hofft, wollen die Demokraten durch die kontroverse Personalie selbst ihre Anhänger mobilisieren und unentschlossene Wähler für sich gewinnen. Zumal Obamacare bei vielen Bürgern sehr beliebt ist – und nur eine Woche nach der Präsidentschaftswahl auf der Agenda des Supreme Court steht.

Trump macht keinen Hehl daraus, dass er auf den Obersten Gerichtshof setzt, um die Gesundheitsreform seines Vorgängers rückgängig zu machen. Aber nicht nur das: Bei einer möglichen Wahlniederlage gegen seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden dürfte der Präsident das Ergebnis juristisch anfechten und könnte bis vor den Supreme Court ziehen. 

Da schadet es sicherlich nicht, auf eine Mehrheit wohlgesonnener Verfassungsrichter zählen zu können. Barrett hat bei den Senatsanhörungen die Zusage abgelehnt, dass sie sich in einem solchen Szenario für befangen erklären würde.

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