Ungarn wirft EU „ideologische“ Bestrafung im Streit um Rechtsstaatlichkeit vor

Europäische Union - Bild: Mauro Bottaro
Europäische Union - Bild: Mauro Bottaro

Im Streit um die Rechtsstaatlichkeit ist die ungarische Regierung nicht bereit, ihr Veto gegen den EU-Haushalt aufzugeben. Die EU suche nach Wegen, „um Länder auf ideologischer Grundlage zu bestrafen“, sagte Justizministerin Judit Varga bei einer Video-Konferenz der Europaminister der EU. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft protestierte nach weiteren Äußerungen der Ministerin entschieden gegen eine „Gleichsetzung der Europäischen Union mit autoritären Regimen“.

Ungarn und Polen hatten am Montag ihre Zustimmung zu einem 1,8 Billionen Euro schweren Finanzpaket aus dem Haushalt für die kommenden Jahre und dem Corona-Hilfsfonds verweigert. Grund für die Blockade sind Pläne, EU-Gelder bei Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien künftig zu kürzen. Durch die Blockade drohen nun deutliche Verzögerungen bei der Auszahlung der Gelder im kommenden Jahr.

Ungarn sei „das Hauptziel“ des geplanten EU-Rechtsstaatsmechanismus, sagte Varga. Ihr Land könne dem niemals zustimmen. „Wir alle haben das Glück, nicht mehr in einem politischen System zu leben, in dem man für ideologische Abweichungen bestraft werden könnte, auch wenn man keine Regeln gebrochen hat.“ Dies sei „keine Zeit für ideologische Spielchen“.

Gegen diese Äußerung protestierte der deutsche Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD), der die Sitzung der Europaminister leitete. Er halte eine „Gleichsetzung der Europäischen Union mit autoritären Regimen und Diktaturen für völlig inakzeptabel.“ Er könne sich auch nicht vorstellen, „dass das irgendjemand wirklich ernsthaft erwogen hat“. Zudem sei Rechtsstaatlichkeit „keine Ideologie“, sondern Grundlage der EU.

Gleichfalls hart in der Sache argumentierte Polen. Es fehle „nur ein Schritt, um diesen Deal zu besiegeln“, sagte der polnische Europaminister Konrad Szymanski. Sein Land habe immer wieder gewarnt, dass die Einigung auf das Finanzpaket beim Juli-Gipfel der Staats- und Regierungschefs „fragil“ sei. Problem beim Rechtsstaatsmechanismus sei für sein Land fehlende „rechtliche Sicherheit“. Nötig sei nun „ein besserer Kompromiss“.

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