Das Thema Corona hat den ersten Tag des G20-Gipfels unter dem Vorsitz Saudi-Arabiens beherrscht. „Unsere Völker und Volkswirtschaften leiden noch immer unter diesem Schock“, sagte Gastgeber König Salman am Samstag zum Auftakt der zweitägigen Online-Konferenz in Riad. Menschenrechtler forderten stärkeren Druck auf die autoritäre Regierung des streng islamischen Königreichs.
Im Zentrum des Gipfels stehen der Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie und die damit verbundene weltweite Rezession, aber auch der Klimawandel. „Wir werden unser Bestes tun, um diese Krise durch internationale Zusammenarbeit zu überwinden“, sagte Salman.
Unter anderen die EU und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten die Gipfelteilnehmer zuvor aufgefordert, mehr Geld für die Bekämpfung der Pandemie zur Verfügung zu stellen. Bei der WHO-Initiative ACT Accelerator, die eine gerechte Verteilung von Impfungen und anderen Mitteln gegen das Coronavirus weltweit sicherstellen soll, klaffe eine Finanzierungslücke von 4,5 Milliarden Dollar (3,8 Milliarden Euro).
Die G20-Staaten könnten mit zusätzlichen Finanzmitteln „unmittelbar Leben retten“, schrieben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus und andere in einem gemeinsamen Brief an den Gastgeber des Treffens.
Etwa ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie sind Massenimpfungen gegen den Erreger mittlerweile in greifbare Nähe gerückt. Viele Experten befürchten aber, dass reiche Länder sich praktisch alle Impfdosen sichern und Entwicklungsländer das Nachsehen haben.
Angesichts der Pandemie steigt der Druck auf die G20-Staaten, Zahlungsausfälle bei Entwicklungsländern abzuwenden, etwa durch die Aussetzung des Schuldendienstes. In der vergangenen Woche hatten die Finanzminister der G20-Länder eine Initiative zur Schuldenaussetzung bis Juni nächsten Jahres verlängert. UN-Generalsekretär António Guterres und Aktivisten fordern jedoch eine Verlängerung der Initiative bis Ende 2021.
Angesichts der vielfach kritisierten Menschenrechtslage in Saudi-Arabien organisierten Aktivisten einen Gegen-Gipfel zum Treffen in Riad. Angehörige von in Saudi-Arabien inhaftierten Oppositionellen forderten dabei von den Vertretern der teilnehmenden Staaten, Saudi-Arabien wegen der Verletzung der Menschenrechte stärker unter Druck zu setzen.
„Schon ein Wort über politische Gefangene – ihre Namen zu sagen und sicherzustellen, dass sie nicht vergessen werden – kann sie retten“, sagte Lina al-Hathlul, die Schwester der bekannten Frauenrechtsaktivistin Ludschain al-Hathlul. Letztere sitzt wegen ihres Protests gegen das mittlerweile aufgehobene Fahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien im Gefängnis und befindet sich seit dem 26. Oktober im Hungerstreik.
Aus Regierungskreisen in Berlin hieß es, die Frage der Menschenrechte werde beim G20-Gipfel nicht öffentlich thematisiert, sondern nur in bilateralen Gesprächen.
Auf dem Programm der zweitägigen Konferenz, die erstmals unter dem Vorsitz eines arabischen Landes stattfindet, standen unter anderem Reden von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Chinas Präsident Xi Jinping sowie Russlands Staatschef Wladimir Putin.
Auch der scheidende US-Präsidenten Donald Trump nahm an dem Gipfel teil. Er pflegte während seiner Amtszeit gute Beziehungen zu Saudi-Arabiens mächtigem Kronprinzen Mohammed bin Salman. Trump ließ Saudi-Arabien auch nach der Ermordung des regierungskritischen saudiarabischen Journalisten Jamal Kashoggi in der Türkei durch ein saudiarabisches Kommando im Oktober 2018 nicht fallen.
Dutzende Abgeordnete der US-Demokraten hatten zuvor gefordert, die abgewählte Trump-Regierung solle den Gipfel boykottieren. Er sei Teil einer Kampagne, mit der sich die Regierung in Riad ein besseres Image geben wolle, ohne echte Reformen anzugehen.