Das Abschalten von Steinkohlekraftwerken im Gegenzug für finanzielle Kompensationen stößt bei den Betreibern auf reges Interesse. Wie die Bundesnetzagentur am Dienstag mitteilte, wurde die erste Ausschreibung, die sich für eine Menge von vier Gigawatt an die Betreiber von Steinkohlekraftwerken sowie Braunkohle-Kleinanlagen richtete, „deutlich überzeichnet“. Dieser hohe Wettbewerb führte demnach dazu, dass die Betreiber weniger Geld pro abgeschaltetem Megawatt erhalten als möglich gewesen wäre. Insgesamt beläuft sich die Gesamtsumme der Zuschläge laut Bundesnetzagentur auf rund 317 Millionen Euro.
Die Ausschreibungen sind Teil der Gesetzgebung zum Kohleausstieg und sollen die Betreiber dazu bewegen, Anlagen aus eigenem Antrieb abzuschalten – vor allem solche Anlagen, deren Abschaltung die größte CO2-Einsparung bei gleichzeitig den geringsten Stilllegungskosten bedeutet.
Die gesetzlich maximal mögliche Entschädigung betrug in der ersten Ausschreibungsrunde 165.000 Euro pro Megawatt Nettoleistung. Laut Bundesnetzagentur erhielten elf Gebote mit einer Gebotsmenge von insgesamt 4788 MW einen Zuschlag. Der durchschnittliche Zuschlagswert liegt demnach bei 66.259 Euro pro MW; insgesamt reicht die Spannbreite von 6047 bis 150.000 Euro pro MW. Die Zuschlagserteilung hängt der Bonner Behörde zufolge dabei „nicht allein vom Gebotswert ab, sondern vom Verhältnis der verlangten Zahlung zu der voraussichtlich bewirkten CO2-Reduzierung“.
Zu den Anlagen, die einen Zuschlag erhielten, gehört auch das von Vattenfall betriebene Steinkohlekraftwerk Hamburg-Moorburg. „Dies bedeutet, dass das Kraftwerk schon 2021 stillgelegt wird“, teilte der Konzern mit. Obwohl das 2015 in Betrieb genommene Kraftwerk eines der modernsten in Deutschland sei, entspreche die frühzeitige Stilllegung „sowohl den Plänen der deutschen Bundesregierung, die Emissionen aus der Kohleverstromung zu reduzieren, als auch der Strategie von Vattenfall, innerhalb einer Generation ein Leben ohne fossile Brennstoffe zu ermöglichen“, erklärte Vattenfall-Chefin Anna Borg.
Zugleich verwies Vattenfall darauf, dass die an den Auktionen teilnehmenden Unternehmen die genaue Höhe der Ausgleichsbeträge in Übereinstimmung mit dem Kohleausstiegsgesetz nicht offenlegten, da es sich dabei „um sensible Informationen in einem wettbewerbsorientierten Markt“ handele.
Weitere Zuschläge der Bundesnetzagentur erhielten unter anderem Uniper für das Kraftwerk Heyden in Nordrhein-Westfalen, RWE für Kraftwerke in Hamm und Ibbenbüren und Steag für eine Anlage in Duisburg-Walsum.
Die Anlagen, die einen Zuschlag erhalten haben, dürfen laut Bundesnetzagentur ab dem 1. Januar 2021 keinen Kohlestrom mehr am Strommarkt vermarkten. Geprüft wird von den Übertragungsnetzbetreibern demnach allerdings, ob womöglich eine Systemrelevanz für die bezuschlagten Anlagen besteht, sie also auch weiter der sogenannten Netzreserve zur Verfügung stehen sollten. Eine solche Anlage darf dann zwar keinen Strom am Strommarkt mehr verkaufen, steht aber in kritischen Situationen noch zur Absicherung des Stromnetzes zur Verfügung.
Die Gebotsfrist für die nächste Auktion der Bundesnetzagentur ist nun der 4. Januar 2021, weitere Ausschreibungsrunden sollen folgen – mit allerdings absinkenden Kompensation für die Betreiber. Insgesamt soll das Verfahren laut Netzagentur bis Ende 2026 laufen. Sollten sich zu wenige Bieter beteiligen, kann die Bundesbehörde anschließend Steinkohlekraftwerke ordnungsrechtlich stilllegen. Entschädigungen gibt es dann nicht mehr.