Die Innenminister von Bund und Ländern sind besorgt wegen der Radikalisierungstendenzen bei den Protesten gegen die Corona-Auflagen. „Wir haben uns verständigt, das Phänomen weiter intensiv im Blick zu behalten“, sagte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Hans-Georg Engelke, am Freitag in Berlin zum Abschluss der Innenministerkonferenz (IMK). Die seit Monaten stattfindenden Proteste gegen die staatlichen Corona-Auflagen bezeichnete er als „ein sichtbares Zeichen für eine veränderte Sicherheitslage“.
Namentlich nannte Engelke die so genannte Querdenken-Bewegung – „in Teilen muss sie leider die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden genießen“, sagte er. „Bei Demonstrationen mit einer hohen Teilnehmerzahl beobachten wir, dass zum Teil rechtsextremistische Gruppierungen oder auch Parteien zur Teilnahme aufrufen“, sagte Engelke. Die Rechtsextremisten hätten zwar aus Bundessicht noch keinen „prägenden Charakter“ in den Corona-Protesten – aber es gebe regionale Unterschiede.
Der Vorsitzende der IMK, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), ging in diesem Zusammenhang auch auf die AfD ein. „Wir stellen fest, dass es Parteien gibt, namentlich die AfD, in der sich die Dinge entwickeln“, sagte er mit Blick auf politische Radikalisierungstendenzen. Es habe sich gezeigt, „dass offensichtlich die Unantastbarkeit des Parlaments kein Tabu mehr ist“ und dass versucht werde, „einen Tabubruch zu begehen“.
Während der Beratung über das geänderte Infektionsschutzgesetz im November waren Abgeordnete auf den Gängen des Bundestags von Gegnern der Corona-Maßnahmen bedrängt und gefilmt worden, die auf Einladung von AfD-Abgeordneten ins Reichstagsgebäude gekommen war.
Die Innenminister von Bund und Ländern hatten seit Mittwochabend beraten – erstmals in komplett digitaler Form. Da Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wegen eines Corona-Verdachtsfalls in seinem Umfeld in Quarantäne musste, wurde er von seinem Staatssekretär Engelke vertreten. Seehofer gehe es gut, er weise keine Symptome auf, sagte Engelke am Freitag.