Nach Brexit-Deal: Fischerei-Verband spricht von „schwarzem Tag“

Symbolbild: Fischer
Symbolbild: Fischer

Die deutsche Wirtschaft hat mit Erleichterung auf die Einigung zwischen Brüssel und London über ein Handelsabkommen für die Zeit nach dem Brexit reagiert. „Das Abkommen ist besser als kein Abkommen“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang, am Donnerstag. Allerdings bedeute die Einigung für die meisten Unternehmen „zusätzliche Bürokratie und unnötige Grenzformalitäten“. 

„Noch ist nichts in trockenen Tüchern“, warnte Lang. Er mahnte die Parlamente und Regierungen der EU zu „besonnenem und gleichzeitig zügigem Handeln“.

Der Präsident des Außenhandelsvebands BGA, Anton Börner, bezeichnete die Einigung als „unter allen schlechten Lösungen noch die beste“. „Deshalb gibt es auch trotz Erleichterung nichts groß zu bejubeln“, betonte er. Das Abkommen werde „unsere zukünftige Zusammenarbeit stark verändern“. „Ob es auch hilft, das befürchtete Chaos zum Jahreswechsel abzumildern, wird sich noch zeigen.“

Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, zeigt sich ebenfalls erleichtert über das Zustandekommen des Abkommens. „Mit dem bekannt gewordenen Ergebnis ist das Risiko eines ‚No-Deals‘ ausgeräumt, und die Unternehmen können sich endlich auf die Umsetzung eines Freihandelsabkommens einstellen“, erklärte Müller. Der Handelsvertrag sei „das beste nun erreichbare Szenario“.

Scharfe Kritik an der Einigung kam dagegen vom Präsidenten des Deutschen Fischerei-Verbands, Gero Hocker. „Der 24.12.2020 wird als schwarzer Tag für die europäische Fischerei, die Fischer und ihre Familien sowie die Küstenregionen in Europa und in Deutschland in die Geschichtsbücher eingehen“, erklärte er. 

„Die deutschen Betriebe verlieren einen historisch gewachsenen Status quo in der Verteilung der Fangrechte, die britischen Fischer sind hingegen die klaren Gewinner der Verhandlungen“, führte Hocker aus. Das Ergebnis sei zudem eine „Schlappe für die Bundesregierung, die es nicht vermocht hat, die deutschen Betriebe vor den Auswirkungen des Brexit zu schützen“.

Brüssel und London hatten sich am Donnerstag auf ein Handelsabkommen für die Zeit nach dem Brexit geeinigt und damit einen harten wirtschaftlichen Bruch zwischen Großbritannien und der EU zum Jahresende voraussichtlich abgewendet. Die Zustimmung der 27 EU-Regierungen und des britischen Parlaments steht allerdings noch aus. Die Vereinbarung sieht nach dem Austritt Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt zum Jahresende weiter einen Handel ohne Zölle und ohne mengenmäßige Beschränkungen vor.

Die Unterhändler einigten sich auch beim zentralen Streitthema Fischfang. Das Abkommen sieht eine Übergangszeit von fünfeinhalb Jahren für die Kürzung der Fangquoten für EU-Fischer vor. Laut EU-Vertretern wurde mit Großbritannien in dieser Zeit eine Verringerung der Fangmengen um 25 Prozent vereinbart. Ab Juni 2026 solle dann jährlich erneut über die Fangquoten verhandelt werden.

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