Patt-Situation im US-Senat ist faktisch ein Vorteil für die Demokraten

US-Capitol/Kongress, USA
US-Capitol/Kongress, USA

Mit der Wahl ihrer Senatoren Raphael Warnock und Jon Ossoff in Georgia haben die Demokraten in der zweiten Parlamentskammer der USA vordergründig nur eine Patt-Situation errungen. Sie und die Republikaner verfügen nun über jeweils 50 Sitze im Senat. Doch faktisch haben die Demokraten neben dem Repräsentantenhaus nun auch im Senat die Mehrheit: Bei einem Patt bei Abstimmungen fällt gemäß der Verfassung der demokratischen Vize-Präsidentin Kamala Harris das Recht zu, mit ihrer Stimme die Mehrheit herzustellen. Der künftige Präsident Joe Biden kann die von ihm angestrebten Reformen und Personal-Entscheidungen also mit starkem Rückhalt im Kongress angehen. 

Vorteil bei Personalentscheidungen

Dem Senat obliegt es, durch Entscheidungen, die zunächst in Ausschüssen fallen und dann im Plenum bestätigt werden, die wichtigsten US-Amtsträger zu bestätigen, darunter Minister und ihre Stellvertreter, Botschafter, hochrangige Armeeangehörige und die Chefs zahlreicher Bundesbehörden.

Dem Senat fällt auch das Recht auf Bestätigung von Richtern zu, insbesondere der Richter des Obersten Gerichtshofs. Dieses Gericht wiederum entscheidet über wichtige gesellschaftliche Fragen wie das Abtreibungsrecht und die Rechtslage für homosexuelle Paare.

Biden nominierte den 68-jährigen parteilosen Merrick Garland am Donnerstag als Justizminister. Im Jahr 2016 hatte der damalige demokratische Präsident Barack Obama Garland bereits einmal für den Obersten Gerichtshof nominiert, was aber an den Republikanern im Kongress scheiterte. Angekündigt hatten die Republikaner bereits Widerstand dagegen, dass die Leiterin des linksgerichteten Instituts Center for American Progress, Neera Tanden, wie von Biden geplant die Leitung der Haushalts- und Verwaltungsbehörde OMB übernimmt, die beim Weißen Haus angesiedelt ist.

Zügige Umsetzung von Reformen

Es ist das erste Mal seit dem Beginn der Präsidentschaft von Barack Obama, dass die Demokraten über die doppelte Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus verfügen. Obama hatte die Mehrheit zwischen 2009 und 2011 genutzt, um ein großes Rettungsprogramm für die Wirtschaft nach der Finanzkrise 2008 und sein Vorzeigeprojekt zur Gesundheitsreform (Obamacare) umzusetzen. 

Der Chef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, erklärte am Mittwoch, Biden und Harris könnten sich auf ihn verlassen, um jetzt „kühne Reformen“ einzuleiten. Die Republikaner malten in den vergangenen Monaten immer wieder das Schreckensbild an die Wand, die USA könnten unter einer Herrschaft der Demokraten im Sozialismus landen. 

Die Demokraten sind nun gut beraten, ihre Reformvorschläge schnell umzusetzen. Denn schon 2022 stehen neue Zwischenwahlen im Kongress an – und die meisten US-Präsidenten sind aus diesen „Mid term elections“ als Verlierer hervorgegangen.

Erste Entscheidungen

Angesichts der Corona-Pandemie könnte das Parlament rasch für eine Aufstockung der Finanzhilfe stimmen, die jedem US-Bürger zukommen soll. Das Repräsentantenhaus stimmte bereits einer Anhebung von 600 auf 2000 Dollar (rund 1620 Euro) zu. Bislang wurde dies aber vom republikanischen Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, blockiert.

Weit oben auf der Prioritätenliste stehen auch eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Dollar pro Stunde im ganzen Land, eine Verringerung der Schulden von Studenten und eine Fortführung der Obamacare-Gesundheitsreform, die unter Trump ausgebremst worden war. So könnte eine neue Krankenversicherung der öffentlichen Hand geschaffen werden, die zu den privaten Versicherungsgesellschaften in Konkurrenz tritt.

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