Der Fraktionschef der konservativen EVP im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), hat von den Kandidaten für den CDU-Vorsitz eine Positionierung zur Zukunft der ungarischen Regierungspartei in ihrer europäischen Parteienfamilie gefordert. Der nächste CDU-Chef habe „eine große Verantwortung“ bei der Frage, ob die Fidesz noch zur EVP gehören könne, sagte Weber dem Magazin „Politico“ vom Montag. „Es wird sicherlich eine der ersten zu treffenden Entscheidungen sein.“
Die Mitgliedschaft der Fidesz-Partei von Regierungschef Viktor Orban in der Europäischen Volkspartei (EVP) ist seit Jahren Streitthema. Wegen der Einschränkung demokratischer Grundwerte in Ungarn fordern einige Mitgliedsparteien einen Parteiausschluss. Die Mitgliedschaft ist deshalb bereits seit März 2019 ausgesetzt. Eine endgültige Entscheidung wurde seitdem immer wieder aufgeschoben.
Im Jahr 2021 müsse nun eine Entscheidung getroffen werden, sagte Weber, der auch stellvertretender Vorsitzender der CSU ist, laut „Politico“. „Die vergangenen Wochen, insbesondere das Veto gegen den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus im EU-Haushalt, waren ein Rückschlag für die Zusammenarbeit (mit der Fidesz)“.
Ungarn hatte Ende vergangenen Jahres gemeinsam mit Polen wochenlang die Annahme des nächsten mehrjährigen EU-Haushalts und des Corona-Hilfsfonds blockiert. Die beiden Staaten wehren sich vehement gegen die Knüpfung der Auszahlung von EU-Mitteln an die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze.
Im Zuge des Haushaltsstreits hatten auch umstrittene Äußerungen des Fidesz-Abgeordneten Tamas Deutsch über Fraktionschef Weber die parteiinterne Debatte weiter angeheizt. Deutsch hatte Weber nach dessen Kritik an Ungarn und Polen mit der Gestapo verglichen.
Noch im April war ein Antrag von 13 EVP-Parteien gescheitert, die Fidesz endgültig aus dem Verbund zu werfen. Verhindert wurde dies insbesondere durch die deutsche CDU/CSU-Gruppe.
Diesen Samstag soll bei einem Digital-Parteitag über den nächsten CDU-Vorsitzenden entschieden werden. Um die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer bewerben sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen. Der Kanzlerkandidat der Union für die Bundestagswahl im Herbst soll später in Abstimmung mit der CSU bestimmt werden.