Die Anwälte des früheren US-Präsidenten Donald Trump im Impeachment-Prozess haben die Vorwürfe gegen den Ex-Staatschef mit scharfer Rhetorik zurückgewiesen. Die Anklage gegen Trump sei ein „ungerechter und eklatant verfassungswidriger Akt der politischen Rache“, sagte Anwalt Michael van der Veen am Freitag im Senat. Dass Trump vor der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar zu Gewalt angestiftet habe, sei eine „absurde und monströse Lüge“.
Die Ankläger der Demokraten seien von „Hass“ getrieben, sagte der Anwalt weiter. „Wie jede andere politisch motivierte Hexenjagd der Linken der vergangenen vier Jahre auch, ist dieses Impeachment vollkommen abgekoppelt von den Fakten, der Beweislage und den Interessen der amerikanischen Bevölkerung.“ Der Senat müsse das Impeachment gegen Trump deswegen zurückweisen.
Verteidiger David Schoen beteuerte in seinen Ausführungen, Trumps Aufforderung an seine Anhänger zu „kämpfen“ sei nicht wörtlich gemeint gewesen. Schoen spielte ein Video mit früheren Äußerungen zahlreicher demokratischer Politiker vor, in denen sie das Wort „kämpfen“ und „Kampf“ in einem übertragenen Sinne verwenden.
„Das ist ein Wort, das Menschen benutzen“, sagte der Anwalt. Schoen spielte auch Videoaufnahmen von Gewalt am Rande der Black-Lives-Matter-Proteste gegen Rassismus im vergangenen Jahr vor, und stellte dazu Zitate demokratischer Politiker, die das Recht auf Proteste hervorheben.
„Anders als die Linke war Präsident Trump stets vollkommen beständig in seiner Ablehnung von Mob-Gewalt“, sagte Schoens Kollege van der Veen – dabei sind zahlreiche gewaltverherrlichende Äußerungen Trumps aus den vergangenen Jahren gut dokumentiert.
Die demokratischen Ankläger hatten am Donnerstag ihre zweitägige Beweisführung gegen Trump abgeschlossen. Sie machten den Ex-Präsidenten direkt für die Erstürmung des Kapitols verantwortlich und forderten den Senat zu einem Schuldspruch wegen „Anstiftung zum Aufruhr“ auf. Dann könnte Trump von künftigen politischen Ämtern ausgeschlossen werden.
Die neun demokratischen Abgeordneten zeigten, wie der 74-Jährige seine Anhänger über Monate mit grundlosen Wahlbetrugsvorwürfen anstachelte und sie dann am 6. Januar in einer aufwieglerischen Rede zum Marsch auf das Kapitol aufrief. In der Rede fiel unter anderem der Satz: „Wenn ihr nicht auf Teufel komm raus kämpft, werdet ihr kein Land mehr haben.“
Die Ankläger legten unter anderem dar, dass viele Kapitol-Angreifer überzeugt gewesen seien, im Auftrag Trumps zu handeln. Videoaufnahmen zeigten unter anderem, wie Trump-Anhänger vor dem Kapitol Polizisten anschreien: „Wir wurden vom Präsidenten der USA eingeladen.“ Die Demokraten warnten, sollte Trump 2024 erneut für das Weiße Haus kandidieren können und die Präsidentschaftswahl womöglich sogar gewinnen, drohe neue Gewalt wie am 6. Januar.
Wie den Anklägern standen Trumps Anwälten zwar ebenfalls zwei Tage für ihre Ausführungen zu, sie wollten sich aber auf wenige Stunden beschränken. Der Prozess könnte schon am Wochenende oder Anfang kommender Woche enden.
Eine Verurteilung Trumps gilt als nahezu ausgeschlossen. Für die für einen Schuldspruch notwendige Zweidrittelmehrheit müssten mindestens 17 Senatoren der Republikaner gemeinsam mit den 50 Demokraten stimmen. Bislang haben aber nur wenige Republikaner zu erkennen gegeben, dass sie gegen den bei weiten Teilen der Partei und der Basis nach wie vor sehr populären Trump stimmen könnten.
Der neue Präsident Joe Biden sagte am Freitag, er sei „ungeduldig zu sehen, was meine republikanischen Freunde tun, ob sie standhaft sind“. Der Nachfolger Trumps im Präsidentenamt hat sich bislang kaum zum Impeachment-Prozess geäußert.