Vor angekündigten bundesweiten Streiks hat die IG Metall am Montag mit einem Aktionstag ihren Druck auf die Arbeitgeber in der Metall- und Elektroindustrie erhöht. Gut 150 lokale geplante Aktionen ergänzten ein zweistündiges Rahmenprogramm im Livestream, das am Nachmittag beginnen sollte, wie eine Gewerkschaftssprecherin AFP sagte. Teilnehmerzahlen ließen sich im Vorfeld schwer abschätzen, es sei aber „viel mobilisiert“ worden.
Die Industriegewerkschaft und ihre einzelnen Bezirksverbände wollten die Beschäftigten mit den Veranstaltungen vor Ort und im Internet unter anderem über die Gewerkschaftsforderungen und den Stand der lokalen Tarifrunden in verschiedenen Branchen informieren, darunter auch die Eisen- und Stahlindustrie. Im Fokus standen die festgefahrenen Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie und die bevorstehenden Warnstreiks nach dem Auslaufen der Friedenspflicht in der Nacht zum Dienstag.
Die IG Metall hatte Streiks angekündigt, weil die Tarifgespräche in der vergangenen Woche bundesweit weiter ohne Einigungen geblieben waren. Die IG Metall fordert in den regionalen Verhandlungen unter anderem eine Entgelterhöhung im Volumen von vier Prozent für ein Jahr, um Arbeitsplätze und Einkommen der Beschäftigten zu sichern. Außerdem sollen alle Ausgebildeten unbefristet übernommen und ein „tarifliches Ausgleichsgeld“ in Ostdeutschland gezahlt werden.
Nach Angaben der Gewerkschaft wollen die Metall- und Elektrounternehmen aber in der Corona-Krise sparen und Lohnerhöhungen frühestens im zweiten Halbjahr 2022 akzeptieren. „Sie fordern sogar automatische Tarifabsenkungen, etwa Abstriche vom Urlaubs- und Weihnachtsgeld, wenn die Gewinne aus ihrer Sicht nicht ausreichen“, kritisierte die IG Metall. Ihre Bezirksleiter in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg hatten Warnstreiks daher nach den ergebnislosen Verhandlungen vergangene Woche als „unausweichlich“ bezeichnet.
„Die Kolleginnen und Kollegen aus den Nachtschichten machen den Anfang. Sie ziehen vor die Werkstore, um für ihre Forderungen zu protestieren“, erklärte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, am Montag. Im Norden rief die Gewerkschaft nach eigenen Angaben in elf Betrieben zu befristeten Arbeitsniederlegungen in der Nacht zum Dienstag auf; betroffen sind unter anderem Airbus in Hamburg und Daimler in Bremen. „Mit vielfältigen Aktionen werden die Belegschaften aus Betrieben im gesamten Bezirk in den nächsten Wochen nachlegen“, kündigte Friedrich an.
Die IG Metall in NRW plante für den Dienstagmorgen nach eigenen Angaben „Kundgebungen im Autokinoformat“ an ihren Geschäftsstellen in Dortmund, Siegen, Olpe und Sprockhövel. Bezirksleiter Knut Giesler betonte unterdessen, Warnstreiks seien eine Antwort der Beschäftigten auf die „Hinhaltetaktik“ der Arbeitgeber in der Corona-Krise.
Linken-Fraktionsvize Susanne Ferschl sieht in der Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie „vor allem eine Auseinandersetzung um die Ausgestaltung des aktuellen Strukturwandels“. Sie mahnte am Montag, der „ökologische Umbau der Industrie“ dürfe nicht auf Kosten der Beschäftigten ablaufen. „Vor diesem Hintergrund ist das Angebot der Arbeitgeber eine bodenlose Respektlosigkeit gegenüber den 3,8 Millionen Beschäftigten“, kritisierte Ferschl.