Malu Dreyer strahlt mit leuchtenden Augen. „Heute freue ich mich einfach sehr“, sagt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin am Sonntagabend nach ihrem deutlichen Wahlsieg. Die Strategie ihrer SPD, im Wahlkampf alles auf die beliebte Regierungschefin zu setzen, ist voll aufgegangen. Voraussichtlich bleibt nun in der Landesregierung alles beim Alten – eine Fortsetzung der Ampelkoalition mit FDP und Grünen sei ihre „erste Wahl“, sagte Dreyer.
Die Ministerpräsidentin ist in Rheinland-Pfalz so bekannt, dass auf ihren SPD-Wahlplakaten neben ihrem Foto und dem Motto „Wir mit ihr“ häufig nicht einmal ihr Name stand.
Schon seit sie ihr Regierungsamt bei der Landtagswahl 2016 trotz eines zeitweiligen Umfragetiefs verteidigen konnte, ist sie für viele Sozialdemokraten eine Hoffnungsträgerin. Damals holte Dreyers SPD den Vorsprung der CDU der damaligen Spitzenkandidatin Julia Klöckner in den Umfragen auf und landete am Wahlabend mit 4,4 Prozentpunkten Abstand deutlich vor den Christdemokraten.
Dieses Kunststück gelang Dreyer nun auch in diesem Jahr. Der noch im Januar deutliche Vorsprung der CDU von Spitzenkandidat Christian Baldauf schmolz stetig dahin. Am Ende konnte sie mit einem riesigen Vorsprung von womöglich mehr als acht Prozentpunkten gewinnen.
Obwohl die SPD in Rheinland-Pfalz entgegen dem Bundestrend seit 30 Jahren ununterbrochen regiert, war der Wahlsieg im strukturkonservativen Land für Dreyer kein Selbstläufer. Ihr Image als bodenständige Landesmutter bekam in der Corona-Pandemie Kratzer. In der Fernsehtalkshow von Anne Will sagte Dreyer im Januar, dass Deutschland „insgesamt gut durch die Pandemie gekommen“ sei – ein Satz, der angesichts von damals bereits mehr als 50.000 Corona-Toten und schleppender Impfungen breite Kritik auslöste.
Hinzu kam, dass wenige Tage zuvor rund 30.000 ausgemachte Impftermine abgesagt und verschoben werden mussten, nachdem bekannt geworden war, dass das Land weniger Impfstoff geliefert bekommt als geplant. Nach den Bund-Länder-Schalten betonte Dreyer in den vergangenen Monaten immer wieder, wie wichtig ein gemeinsames Vorgehen der Länder sei. Von den zahlreichen Alleingängen ihrer Amtskollegen wirkte sie zunehmend genervt.
Dreyer ist seit Anfang 2013 als Nachfolgerin von Kurt Beck Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz. Schon damals hieß es über sie in der SPD, sie sei „so beliebt wie Hitzefrei und Freibier“. Nach der Ära Beck, die unter anderem durch die Affäre um Millionenzahlungen für den Nürburgring belastet war, gelang es Dreyer, die SPD als führende Regierungspartei im Land wieder aufzurichten.
Vor ihrem Wechsel in die Staatskanzlei war die 1961 in Neustadt an der Weinstraße geborene Tochter eines Schuldirektors und einer Erzieherin bereits seit 2002 Sozialministerin im Kabinett Beck. Die soziale Gerechtigkeit blieb ein zentrales politisches Thema für die Juristin, die eigentlich Arbeitsrichterin werden wollte und für kurze Zeit als Staatsanwältin arbeitete.
Zwischen Juni und Dezember 2019 war Dreyer nach dem Rücktritt von Andrea Nahles vom SPD-Vorsitz Teil der kommissarischen Troika, welche die Bundespartei bis zur Wahl der neuen Vorsitzenden führte. Nach dem Rückzug von Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel war sie ab Ende September für rund zwei Monate alleinige kommissarische SPD-Chefin.
Verheiratet ist die 60-Jährige mit dem früheren Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen, der drei Kinder aus erster Ehe hat. Sie leben in einem inklusiven Mehrgenerationenprojekt in Trier. Dreyer hat Multiple Sklerose, was 2013 nach ihrer Kür zur Beck-Nachfolgerin im Mittelpunkt des Interesses stand. Inzwischen ist ihre Erkrankung schon lange kein großes Thema mehr – „ich bin ein glücklicher Mensch“, sagt Dreyer nach ihrem Wahlsieg.