Ein halbes Jahr nach Pannen bei einem bundesweiten Warntag hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Pläne für eine Neuausrichtung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) vorgestellt. Die Behörde werde ein „wichtiger Dienstleister“ für Bund, Länder und Kommunen, zeigte sich Seehofer am Mittwoch in Berlin überzeugt. Die Umsetzung der Vorhaben werde sofort beginnen. Vorgesehen ist unter anderem eine stärkere Rolle beim Aufbau nationaler Reserven für Krisen.
Die Behörde war im September vergangenen Jahres in die Kritik geraten, weil es beim bundesweiten unter Federführung der BBK veranstalteten Warntags zu erheblichen Pannen gekommen war. Dabei sollten eigentlich im ganzen Land um 11.00 Uhr Sirenen und andere Warnsysteme ausgelöst werden. Die amtliche bundesweite Testwarnung des BBK und deren Verbreitung über Warn-Apps verzögerte sich jedoch um 30 Minuten.
Der damalige Behördenchef Christoph Unger musste daraufhin seinen Posten räumen. Zu seinem Nachfolger bestimmte Seehofer den CDU-Innenpolitiker Armin Schuster.
Die Behörde wolle mit der Neuausrichtung nun „durchstarten“, sagte Schuster am Mittwoch. Die Pläne sehen unter anderem vor, dass das BBK das Bundesgesundheitsministerium beim Aufbau der „nationalen Reserve Gesundheit“ unterstützt. Auch die eigene Sanitätsmittelbevorratung soll vorangebracht werden.
Die Behörde soll zudem ein gemeinsames Kompetenzzentrum mit allen Partnern in Bund, Ländern oder Hilfsorganisationen aufbauen – laut Bundesinnenministerium vergleichbar mit dem Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum. Die Warn-App Nina wird den Plänen zufolge zu einer Bundes-Warn-App für Notfallinformationen ausgebaut. Zudem will die Behörde sich verstärkt dafür einsetzen, für Krisensituationen Freiwillige zu gewinnen und zu qualifizieren.
Laut Seehofer ist für die Umsetzung der Pläne keine Grundgesetzänderung notwendig. Es sei alles im bestehenden Rechtsrahmen möglich. Die Umsetzung solle noch in dieser Legislaturperiode weit kommen.
Die SPD kritisierte, dass die vorgestellten Pläne nicht schon früher angegangen worden seien. „Es bleibt unverständlich, warum das Bundesamt für Bevölkerungsschutz nicht umfassender in die Pandemiebekämpfung eingebunden wurde“, erklärte der SPD-Abgeordnete Sebastian Hartmann. Die jetzt präsentierten Vorschläge kämen „daher reichlich spät“.
Das Bundesamt müsse in seinen Kompetenzen umfassend gestärkt werden, forderte der SPD-Politiker. „Eine gut ausgestattete Behörde mit Zentralstellenfunktion ist elementar in nationalen Krisen und länderübergreifenden Katastrophenlagen.“
Die Grünen kritisierten die Pläne als nicht ausreichend. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) habe eine „Revolution im Katastrophenschutz angekündigt, übriggeblieben ist offenbar nur ein Reförmchen“, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic. „Dabei wäre jetzt ein guter Zeitpunkt gewesen, die Arbeit des BBK auf eine solide gesetzliche Grundlage zu stellen und mit einer Änderung des Grundgesetzes dem Bund im Bereich des Katastrophenschutzes mehr Verantwortung zu übertragen und klare Zuständigkeiten zu schaffen.“
Die vorgestellten Maßnahmen stellten keine grundlegende Änderung dar, sondern beschrieben im Wesentlichen die Weiterentwicklung und Stärkung vorhandener Projekte und Zuständigkeiten. „Das ist richtig, aber greift zu kurz“, kritisierte die Grünen-Politikerin.