Coronavirus: Ein kompliziertes Verhältnis und ein politisch heikler Bericht

Corona - Bild: 9_fingers_ via Twenty20
Corona - Bild: 9_fingers_ via Twenty20

Schon seit Beginn der Corona-Pandemie vor gut einem Jahr stehen die Beziehungen zwischen China und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Fokus. Besondere Aufmerksamkeit erregt daher der WHO-Bericht über die Untersuchungen von Experten in Wuhan zu den Ursprüngen des Virus, der am Montag vorgelegt wurde. Kritiker mutmaßen, dass drängende Fragen weiter unbeantwortet blieben, weil China die Nachforschungen behindert habe.

Sars-CoV-2 wurde wahrscheinlich von der Fledermaus über ein Tier als „Zwischenwirt“ auf Menschen übertragen, aber auch das Szenario einer Übertragung durch Tiefkühl-Fleisch ist „möglich“: Die Ergebnisse des WHO-Berichts sind nicht überraschend und recht vage. Es stellt sich daher die Frage, ob die Experten nicht mehr hätten herausfinden können.

Schon kurz nach den ersten Corona-Infektionen im chinesischen Wuhan Ende 2019 waren Vorwürfe laut geworden, die WHO gehe zu nachsichtig mit China um. Die UN-Organisation muss allerdings einen schwierigen Balanceakt bewältigen. Für eine Untersuchungsmission ist sie auf die Zustimmung und Kooperation des Gastlandes angewiesen. So dauerte es mehr als ein Jahr, bis das WHO-Team aus internationalen Experten im Januar nach Wuhan reisen konnte.

Während die einen die Mission als harmonische Kooperation zwischen der WHO und den chinesischen Behörden lobten, werfen andere Peking hervor, dass es zu Beginn der Pandemie wichtige Informationen zurückgehalten habe und dies nicht für seine Kooperationsbereitschaft spreche. Die WHO habe sich der „institutionellen Komplizenschaft“ schuldig gemacht, weil sie einigen frühen Darstellungen der Volksrepublik zum Corona-Ausbruch Glauben geschenkt habe, sagt der Chef von Human Rights Watch, Ken Roth. 

„Die WHO hat es als Institution absolut abgelehnt, irgendetwas Kritisches über Chinas Vertuschung der Von-Mensch-zu-Mensch-Übertragung zu sagen oder seine Weigerung, grundlegende Hinweise zu liefern“, sagte Roth vergangenen Monat. Nötig sei nun „eine ehrliche, energische Untersuchung statt weiterer Ehrerbietung gegenüber Chinas Vertuschungsversuchen.“

Aus Diplomatenkreisen in Genf hieß es, die WHO habe die Vorbereitungen für die Wuhan-Mission komplett China überlassen und die Rahmenbedingungen erst danach geprüft. Öffentlich Kritik am Rahmen der Mission übte kaum ein WHO-Mitgliedsland. 

Der frühere US-Präsident Donald Trump nahm hingegen nahm schon vorher kein Blatt vor den Mund. Die WHO sei eine „Marionette Chinas“, wetterte er wiederholt, und warf Peking die Vertuschung des Corona-Ausbruchs in der entscheidenden Anfangsphase vor.

Die Regierung von Trumps Nachfolger Joe Biden hat zwar den WHO-Austritt der USA rückgängig gemacht. Doch auch sie zweifelt an Chinas Transparenz im Umgang mit der WHO. Der ranghöchste US-Diplomat in Genf, Mark Cassayre, sagte am vergangenen Mittwoch, ob die internationalen Experten ihre Arbeit in Wuhan „auf transparente und ungehinderte Weise“ hätten machen können, bleibe „abzuwarten“. 

Dies werde „das Barometer sein, mit dem wir das Verhältnis (zwischen Peking und der WHO) beurteilen können“, fügte Cassayre hinzu. Chinas Botschafter in Genf, Chen Xu, versichert, die Zusammenarbeit zwischen seinem Land und der WHO sei „über die Jahre sehr gut“. Auch zu Pandemie-Zeiten arbeiteten beide Seiten „reibungslos und verständnisvoll“ zusammen.

Das Lob gibt David Heymann, Chef der Gruppe für technische und strategische Beratung der WHO zu Infektionsgefahren, zurück. Die Volksrepublik habe seine Gruppe freigiebig und schnell mit Informationen versorgt und damit ein „schnelles Verstehen der Übertragung“ von Sars-Cov-2 ermöglicht.

Beim EU-Botschafter bei der UNO in Genf, Walter Stevens, klingt das nicht so harmonisch. Stehe China „unter Druck“, erleichtere dies die Suche nach Antworten nicht gerade, sagte er. „Sie machen einem das Leben nicht immer einfach.“

Die an der Wuhan-Reise beteiligte niederländische Virologin Marion Koopmans regte an, derartige Missionen automatisch nach jedem Ausbruch einer neuen Krankheit zu starten, um sich Kontroversen künftig zu sparen. „Wenn wir von diesen Empfindlichkeiten wegkommen wollen, dann lasst es uns einfach zur Routine, zum Standard machen.“

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