Vor der Zeugenbefragung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal haben die SPD-Mitglieder des Gremiums die Rolle der Wirtschaftsprüfer in den Fokus gerückt. Der SPD-Abgeordnete Jens Zimmermann verwies am Dienstag darauf, dass der Bericht des vom Untersuchungsausschuss eingesetzten Sonderermittlers Martin Wambach für die Wirtschaftsprüfer von EY „aus unserer Sicht verheerend“ ausfalle. Die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe kritisierte, dass Altmaier bei einer Reform der Wirtschaftsprüferaufsicht Apas als „Bremser“ aufgetreten sei und Reformen blockiert habe.
Wirecard hatte Ende Juni 2020 Insolvenz angemeldet und soll jahrelang die Bilanzen gefälscht haben. Der Untersuchungsausschuss soll die Vorkommnisse rund um die Insolvenz des Zahlungsdienstleisters aufarbeiten und insbesondere das Vorgehen der Bundesregierung und der ihr unterstehenden Behörden unter die Lupe nehmen.
Für diese Woche hat er zahlreiche Spitzenpolitiker als Zeugen geladen. Zum Auftakt werden am Dienstag Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) und im Anschluss Wirtschaftsminister Altmaier befragt. Am Mittwoch sind Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) und Finanzstaatssekretär Jörg Kukies geladen. Am Donnerstag muss dann Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) Rede und Antwort stehen – und am Freitag befragen die Ausschussmitglieder schließlich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Zeugin.
Im Vorfeld hatten Oppositionsvertreter scharfe Kritik an der Unterstützung aus der Politik für den ehemaligen Dax-Konzern geäußert, dessen spektakulärer Fall ein Schlaglicht auch auf die Aufsichtsbehörden wirft. Der Wirecard-Untersuchungsausschuss war auf Antrag der Oppositionsfraktionen der Linken, Grünen und FDP Anfang Oktober eingesetzt worden. Deren Obleute hatten Anfang März eine Zwischenbilanz gezogen – aus ihrer Sicht hat der Ausschuss massive Versäumnisse von Behörden und Politik offengelegt.
Im Zuge des Skandals in die Kritik geraten war neben der Finanzaufsicht Bafin, die dem Finanzministerium von Scholz untersteht, auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, die Wirecard jahrelang eine korrekte Bilanz bescheinigt hatte. Der Aufsichtsstelle für Wirtschaftsprüfer Apas ist wiederum Altmaiers Wirtschaftsministerium vorgesetzt.
Weitere Facetten im Wirecard-Skandal sind die Ermittlungen gegen Ex-Wirecard-Chef Markus Braun, dem die Staatsanwaltschaft „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ vorwirft. Braun hatte sich bei seinem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss im November zugeknöpft gezeigt, zugleich aber auch Aufsichtsbehörden und Wirtschaftsprüfer in Schutz genommen. Auch die mutmaßlichen Geheimdienstverstrickungen des untergetauchten früheren Wirecard-Managers Jan Marsalek spielen eine Rolle bei der Aufarbeitung des Skandals.