Wer an einer neuen Arbeitsstelle seine Tätigkeit ohne große Einarbeitung aufnehmen kann, hat davor wohl „einschlägige Berufserfahrung“ erworben. Lehrkräfte an staatlichen Schulen können einschlägige Berufserfahrung daher auch an einer Privatschule erwerben, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Freitag veröffentlichten Urteil entschied. (Az: 6 AZR 205/20)
Geklagt hatte eine Gymnasiallehrerin für Deutsch und Englisch aus dem Rheinland. Vor ihrem Wechsel in den staatlichen Schuldienst hatte sie an einer Privatschule unterrichtet, vorrangig in einer sechsten Klasse.
Das Gehalt von Lehrkräften im öffentlichen Dienst richtet sich nach der Tätigkeit, zudem aber auch nach der beruflichen Erfahrung. Mit ihrer Klage wollte die Lehrerin erreichen, dass hierfür unter anderem auch ihre Tätigkeit an der Privatschule anerkannt wird. Sie sei deshalb nach einer höheren Erfahrungsstufe zu vergüten.
„Bei Lehrkräften kann einschlägige Berufserfahrung auch an einer Privatschule erworben werden“, urteilte nun das BAG. Das gelte auch für Privatschulen, die nicht als gleichwertige sogenannte Ersatzschulen anerkannt sind, betonten die Erfurter Richter. Denn maßgeblich komme es nicht auf die Schule, sondern auf die Tätigkeit an.
Hier habe die Lehrerin nur in den Jahrgängen fünf bis neun der Sekundarstufe I unterrichtet. Es fehle ihr daher „hinsichtlich der Berufserfahrung ein wesentliches Element für den die Sekundarstufe II umfassenden Einsatz am Gymnasium“. Daher könne die Lehrerin die Anrechnung ihrer Privatschulzeit nicht verlangen.
Das BAG betonte, dass Gleiches umgekehrt auch für eine Lehrkraft gelten würde, die bislang nur in der Sekundarstufe II unterrichtete. Zwar seien die fachlichen Anforderungen in der Sekundarstufe I geringer. „Dafür bestehen aber andere pädagogische Herausforderungen, welche mit Erwerb einschlägiger Berufserfahrung typischerweise besser bewältigt werden können“, heißt es in dem Erfurter Urteil.