China hat in den Online-Netzwerken offenbar Einträge über die in Peking geborene Regisseurin und frischgebackene Oscar-Gewinnerin Chloé Zhao gelöscht. Alle aktuellen Mitteilungen, die Zhaos Namen oder ihren preisgekrönten Film „Nomadland“ enthielten, verschwanden am Montag auf ungeklärte Weise aus dem Onlinedienst Weibo. Auch in den staatlichen Medien fand sich kein Hinweis auf Zhaos Oscar-Gewinn.
Zhao war im März zunächst für ihren Erfolg bei den Golden Globes von den chinesischen Meiden gefeiert worden. Als Internetnutzer jedoch alte Interviews verbreiteten, in denen sie ihr Geburtsland anscheinend kritisierte, stoppten zahlreiche chinesische Kinos den geplanten Kinostart ihres Films.
In ihrer Oscar-Rede schien Zhao auf diese Schwierigkeiten anzuspielen: „Ich habe in letzter Zeit viel darüber nachgedacht, wie ich weitermache, wenn die Dinge schwierig werden“, sagte sie. Sie zitierte auch eine Zeile aus einem chinesischen Gedicht: „Menschen sind bei Geburt grundsätzlich gut“. Zahlreiche Nutzer feierten Zhao am Montagmorgen bei Weibo, bevor ihre Einträge aus dem Online-Netzwerk verschwanden.
Trotz der Bemühungen der mutmaßlichen Zensoren war der Stolz auf die chinesische Regisseurin auf den Straßen Pekings am Montag deutlich zu spüren: „Es ist sehr selten, dass ein Chinese einen Oscar bekommt“, sagte die Ingenieurin Yan Ying der Nachrichtenagentur AFP. „Ich denke, dass chinesische Filme immer besser werden und sie ein gutes Vorbild für chinesische Regisseureist“, sagte die 38-jährige Anwaltsgehilfin Yuan Min.
Zhao wurde als erst zweite Frau und als erste nicht-weiße Regisseurin mit dem Regie-Oscar ausgezeichnet. Ihr Roadmovie „Nomadland“ war der große Sieger bei der diesjährigen Verleihung in Los Angeles: Das Sozialdrama über Arbeitsnomaden in den USA gewann auch den Oscar als bester Film. Ausgezeichnet wurde zudem die Hauptdarstellerin Frances McDormand.