Bei der sogenannten revolutionären 1. Mai-Demonstration ist es am Samstagabend in Berlin zu Ausschreitungen gekommen. Es sei „unvermittelt begonnen worden, mit Steinen und Flaschen auf die Einsatzkräfte zu werfen“, sagte die Sprecherin der Berliner Polizei, Anja Dierschke. Im Stadtteil Neukölln hätten Demonstranten außerdem Gegenstände in Brand gesetzt, es sei zu Sachbeschädigungen an Geschäften und Autos gekommen. Der Veranstalter der Demonstration erklärte die Versammlung demnach um kurz nach 21.00 Uhr für beendet.
Zuvor waren in Berlin mehrere Demonstrationen zunächst ohne größere Zwischenfälle verlaufen. Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte in der RBB-„Abendschau“ noch von einem „im wesentlich friedlichen Tag“ gesprochen. Die meisten Versammlungen seien zahlenmäßig unter der angemeldeten Teilnehmerzahl geblieben, sagte Geisel weiter.
Auch der Innensenator hatte jedoch vor einer Eskalation der Lage gewarnt. „Wenn es dunkler wird, bestehen bestimmt Möglichkeiten, dass es noch zur Konfrontation kommt“, sagt er. Es stünden aber „erfahrene Polizeibeamte“ bereit. Die Polizei war zur Betreuung der sogenannten revolutionären 1. Mai-Demonstration mit tausenden Beamten im Einsatz.
Bei der Veranstaltung, die einer AFP-Reporterin zufolge zunächst friedlich verlief, demonstrierten laut Polizeiangaben mehrere tausend Teilnehmer unter anderem für Solidarität und bezahlbaren Wohnraum. Während die Polizei von rund 5000 Teilnehmern ausging, sprachen die Veranstalter von „mehr als 25.000 Menschen“. Sie erklärten, bei den Ausschreitungen seien dutzende Menschen verletzt und zahlreiche Festnahmen beobachtet worden.
Nachdem es nach Beginn der Demonstration insbesondere im sogenannten Schwarzen Block zum Zünden von Pyrotechnik kam, versuchte die Polizei, Teile des Demonstrationszugs einzukesseln und von der Demonstration auszuschließen. Anschließend sei es zu den Auseinandersetzungen gekommen, es wurden Pflastersteine und Flaschen geworfen, sagte die AFP-Reporterin. Die Polizei setzte Pfefferspray ein. Die Demonstranten skandierten Parolen wie „Ganz Berlin hasst die Polizei“.
Neben migrantischen Organisationen hatten auch Initiativen für bezahlbaren Wohnraum zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen. Die Polizei hatte mit Zulauf aus dem linksradikalen Spektrum gerechnet. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl hatte die Polizei am Samstagabend bereits vor Beginn der Demonstration den ersten Versammlungsort der Veranstaltung erweitert.
Wieviele Festnahmen und Verletzte es im Rahmen der Ausschreitungen gab, war zunächst unklar. Vor den Auseinandersetzungen hatte es laut Polizeiangaben am 1. Mai Festnahmen im niedrigen dreistelligen Bereich gegeben. Die Anzahl hätte sich durch die Ausschreitungen aber „massiv erhöht“, sagte Polizeisprecherin Dierschke am Abend. Drei Polizisten waren bereits vor den Ausschreitungen durch Feuerwerkskörper leicht verletzt worden.
Über den Tag war das Demonstrationsgeschehen in Berlin zunächst ruhig verlaufen. Ein Fahrradkorso mit mehr als 10.000 Teilnehmenden war am Samstagnachmittag durch die Hauptstadt gefahren, um für mehr soziale Gerechtigkeit zu demonstrieren. Zudem demonstrierten rund 4000 Menschen für den Erhalt der Clubszene. Die Polizei musste mehrfach auf die Einhaltung von Hygienevorschriften hinweisen. Insgesamt sei aber auch diese Veranstaltung „ruhig“ verlaufen, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz.
Bei einer Demonstration von Corona-Skeptikern im Berliner Stadtteil Lichtenberg kam es dem Sprecher zufolge zu rund 60 sogenannten Freiheitsbeschränkungen, „ganz überwiegend wegen Verstößen gegen den Infektionsschutz“. In der Spitze nahmen an der Demonstration der Corona-Skeptiker rund 300 Menschen Teil, sagte Geisel. An den Gegendemonstrationen beteiligten sich rund 350 Menschen.