Nach Kritik aus der Europäischen Union an der türkischen Migrations- und Grenzpolitik hat die Regierung in Ankara zum Gegenschlag ausgeholt. Die EU sei eine „Komplizin“ Griechenlands bei der Verletzung von Menschenrechten und „Verbrechen gegen Flüchtlinge“, sagte ein Sprecher des türkischen Außenministeriums am Donnerstag. „Wir rufen die EU und Griechenland dazu auf, ihrer Verantwortung nachzukommen und die Rechte von Flüchtlingen zu respektieren, anstatt Anschuldigungen gegen unser Land zu erheben“, fügte er hinzu.
Hintergrund ist der Vorwurf Griechenlands, die Türkei habe die Grenzen für Flüchtlinge zur EU wieder geöffnet. Bei einem Besuch des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Mittwoch im griechisch-türkischen Grenzgebiet hatte Griechenlands Außenminister Nikos Dendias der türkischen Küstenwache zudem vorgeworfen, „mit Migranten voll besetzte Boote“ zu den griechischen Inseln zu bringen. Borrell betonte, die EU sei „entschlossen, ihre Außengrenzen zu schützen“.
Der Sprecher des türkischen Außenministeriums Hami Aksoy bezeichnete die Vorwürfe als Beispiel für den Versuch Griechenlands, „Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen Flüchtlinge zu verschleiern“. Er prangerte zudem eine „bedauernswerte Komplizenschaft“ der EU an.
Ende Februar hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Grenzen seines Landes zur EU für offen erklärt. Er begründete dies damit, dass die EU sich nicht an das Flüchtlingsabkommen von 2016 gehalten habe, in dem der Türkei unter anderem Milliardenhilfen für die Betreuung von Flüchtlingen zugesichert worden waren.
In der Folge hatten sich tausende Flüchtlinge zur griechischen Grenze aufgemacht. Im griechischen Bezirk Evros kam es im März zu Zusammenstößen zwischen Flüchtlingen und griechischen Sicherheitskräften. Menschen, die versuchten, die Grenze zu überqueren, wurden teilweise mit Gewalt zurückgedrängt. Kurz darauf schloss Erdogan wegen der Corona-Krise die Grenzen zur EU wieder.
Für zusätzliche Spannungen zwischen Griechenland und der Türkei sorgten zuletzt Öl- und Gasbohrungen Ankaras vor der Küste Zyperns. Dendias warf der Türkei vor, die „Sicherheit und Stabilität sowie den Frieden im östlichen Mittelmeer zu unterminieren“. Aksoy wies die Vorwürfe als „komplett realitätsfremd“ zurück und warnte Griechenland davor, eine „Allianz der Bösartigkeit gegen die Türkei“ aufzubauen.