„Das gibt nur Ärger“ – Markus Söder verweigert Unterschrift auf Plakat

Markus Söder - Bild: Peter Kneffel/Pool via Reuters
Markus Söder - Bild: Peter Kneffel/Pool via Reuters

Es gibt genau zwei Plakate bei der Abfahrt von Angela Merkel und Markus Söder vom Schiffsanleger am Chiemsee. Das eine davon ist etwas überraschend: „Frau Merkel Kanzlerin bis 2025 bitte“ steht darauf. Ein paar Meter daneben steht aber der 90 Jahre alte Rudi Voit vor dem Plakat, das die aktuelle Stimmung besser trifft: „Markus Söder Kanzlerkanditat“ ist dort etwas fehlerhaft zu lesen.

Der Senior aus Grassau ruft zusammen mit seinem Sohn Thomas ganz ungeniert zu Söder rüber, er solle kommen und das Plakat unterschreiben. Söder wehrt ab, er habe schlechte Erfahrungen damit, auf Plakaten zu unterschreiben – „das gibt nur Ärger“.

Den Ärger will Söder an diesem sonnigen Dienstag offenkundig lieber den auf eine eigene Kanzlerkandidatur hoffenden Anwärtern für den CDU-Vorsitz aus Nordrhein-Westfalen überlassen – Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Die dürfen sich darüber grämen, wie prominent sich Söder neben der Bundeskanzlerin in Szene setzt und mit wie viel erkennbarer Freude Merkel dabei mitmacht. 

Als die beiden mit dem Raddampfer „Ludwig Fessler“ zur Herreninsel ablegen, stehen die Menschen am Ufer Spalier und applaudieren – so ähnlich muss es in der Monarchie gewesen sein. 

Vor ein paar Wochen lud Söder Merkel in sein Kabinett ein, sie sagte direkt zu. Als Bevorzugung Söders will sie das aber nicht verstehen. Sie habe immer gesagt, wenn sie von anderen Kabinetten eingeladen werde, werde sie diese „selbstverständlich“ auch besuchen – ein kleiner Wink an Laschet, dass sie auch nach Nordrhein-Westfalen kommen würde.

Es ist das erste Mal überhaupt, dass ein deutsches Regierungsoberhaupt Gast einer Sitzung der bayerischen Landesregierung sei, sagt Söder. Er sieht dies als ein „Zeichen des Wiederzusammenfindens“ der CSU und der Kanzlerin nach den harten Kämpfen in der Flüchtlingskrise. 

Vor gerade einmal zwei Jahren stand sogar die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU vor dem Bruch, damals ging es um einen sogenannten Masterplan des damaligen CSU-Chefs Horst Seehofer zur Flüchtlingspolitik.

Doch dass nun an dem Ort des Verfassungskonvents von 1948 – damals wurden auf Herrenchiemsee die Grundlagen des Grundgesetzes gelegt – laut Söder nur ein „Symbol“ der Harmonie zwischen CDU und CSU gesetzt werden soll, ist für die Schaulustigen am Chiemsee nicht das Hauptthema. Ihnen geht es um die Kanzlerkandidatur 2021 – wo Söder in allen Umfragen weit vorne steht.

Während Merkel gefragt wird, ob sie Söder für geeignet hält, wählt dieser eine neue Variation seines Satzes „mein Platz ist in Bayern“: Der 53-Jährige zeigt dabei mit beiden Zeigefingern auf den Boden der Herreninsel. Merkel ihrerseits bekräftigt ihre Haltung, sich nicht einmischen zu wollen. Sie habe sich eine „besondere Zurückhaltung“ auferlegt, sagt sie, um dann Söder ein Lob mitzugeben: „Ich kann nur sagen, Bayern hat einen guten Ministerpräsidenten.“

Bayern hat vor allem auch einen Regierungschef, der sich in Szene setzen kann. Mit seinem Kabinett und Merkel tagt er im prunkvollen Spiegelsaal des Schlosses Herrenchiemsee. Dieser ist 75 Meter lang und damit etwas größer als der aus dem Schloss Versailles, welches das Vorbild für das bayerische Schloss ist. 

Als Kind wollte Merkel gar nicht in das Schloss hinein, wie sie den bayerischen Ministern erzählte. Sie war mit ihren Eltern, ihrem Bruder und der Oma 1961 als Siebenjährige auf der Herreninsel und wartete draußen, während die Erwachsenen das Schloss besichtigten. Ein paar Tage nach ihrer Rückkehr in die DDR, wo die Familie lebte, begann der Bau der Mauer. In ihrer Kindheit und Jugend habe sie Bayern nie wieder besuchen können – nun konnte sie den Besuch in aller Pracht nachholen.

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