Als Armin Laschet am 25. Februar offiziell seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz ankündigte, schien Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident auf dem Weg ins Kanzleramt schon kurz vor dem Ziel. Laschet hatte gerade mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einen Mitkonkurrenten um den Parteivorsitz auf seine Seite gezogen und konnte auf eine positive Zwischenbilanz als Düsseldorfer Regierungschef verweisen. Doch dann kam Corona.
Genauer gesagt war das Virus schon da, als sich Laschet am jenem Karnevalsdienstag in Berlin als Vorsitzkandidat und Spahn als dessen potenzieller Vize vorstellten. Ausgebreitet hatte sich das Coronavirus nach einer Karnevalssitzung im nordrhein-westfälischen Kreis Heinsberg. Die damals heraufziehende und schnell auf ganz Deutschland übergreifende Pandemie brachte dem Aachener seither viel Kritik an seinem Führungsstil ein.
Denn während sich der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder in Corona-Zeiten als stahlharter Krisenmanager und damit auch als kanzlertauglich präsentiert, wirkt Laschet bei seinen öffentlichen Auftritten manchmal als Getriebener. Ein Zickzackkurs zwischen harten Corona-Restriktionen, vorsichtigem Zaudern und womöglich übereilten Lockerungen wird ihm vorgeworfen – fatale Vorwürfe an einen potenziellen Kanzlerkandidaten.
Die Krise offenbare Defizite in Laschets Führungsfähigkeit, monieren Kritiker des eher auf Ausgleich bedachten Rheinländers. Andere sprechen Laschet schlicht die Qualifikation ab: „Es gibt Politiker, die können Krise, und solche, die keine Krise können – Laschet gehört zur zweiten Kategorie“, sagte jüngst der Politikberater Michael Spreng dem „Spiegel“. Laschet agiere widersprüchlich, unsicher und schlängle sich durch.
Hinzu kommt, dass Laschet im Eifer des Gefechts seinen Gegnern durchaus auch Steilvorlagen liefert. So sprach er nach dem Corona-Massenausbruch beim Fleischkonzern Tönnies im Kreis Gütersloh explizit Rumänen und Bulgaren an: Die seien „eingereist“, und dort komme das Virus her – seine Lockerungspolitik sei für den Ausbruch nicht verantwortlich.
Dabei ging zwar unter, dass Laschet nahezu im selben Atemzug hinzufügte: „Das hat nichts mit Lockerungen zu tun, sondern mit der Unterbringung von Menschen in Unterkünften und Arbeitsbedingungen in Betrieben.“ Seine Äußerung über osteuropäische Werkvertragsarbeiter nahmen Laschets Kritiker dennoch dankbar auf, um seine Eignung für den CDU-Vorsitz oder gar die Kanzlerschaft zu hinterfragen.
Doch nun reicht es dem Laschet-Lager offenbar. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) blies am Wochenbeginn erstmals zum Frontalangriff auf Söder: Ihm sei „unerklärlich“, wie Leute auf die Idee kommen könnten, dass Söder ein guter Kanzlerkandidat wäre, sagte Reul dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Heiße Luft und eine Politik, die auf Inszenierungen setzt“, brächten die Union nicht weiter.
Auch wenn Laschet in Umfragen zur Kanzlerkandidatur derzeit weit hinter Söder liegt – die Zielstrebigkeit des Rheinländers sollte niemand unterschätzen. Lange galt Laschet in der NRW-CDU als Politiker mit Dauerabonnement auf die zweite Reihe. Denn vor seinem Sieg bei der NRW-Wahl 2017 kassierte der 59-Jährige gleich mehrere herbe Niederlagen – aber er steckte sie alle weg.
So benötigte der Journalist und Ex-Geschäftsführer eines Aachener Verlags mehrere Anläufe, bevor er Spitzenämter im mächtigsten CDU-Landesverband Nordrhein-Westfalen bekleiden durfte. Nach der Abwahl des CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers 2010 bewarb sich Laschet sowohl um den Chefposten der CDU-Landtagsfraktion als auch um den CDU-Landesvorsitz, beide Male zunächst vergeblich.
Im Kampf um die Fraktionsspitze unterlag er dem heutigen NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, im Kampf um den Landesvorsitz dem CDU-Bundespolitiker Norbert Röttgen, der sich heute ebenfalls um den CDU-Bundesvorsitz bewirbt.
Erst nachdem Röttgen die vorgezogene NRW-Wahl 2012 krachend gegen die damalige SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft verloren hatte, übernahm Laschet schließlich den CDU-Landesvorsitz. Ende 2013 wurde der verheiratete Vater von drei Kindern auch Chef der CDU-Landtagsfraktion.
In allen Parteiämtern galt der aus katholischem Elternhaus stammende Laschet stets als treuer Gefolgsmann von CDU-Kanzlerin Angela Merkel. Ob er die Chance bekommt, bei der Bundestagswahl 2021 selbst ins Kanzleramt einzuziehen, muss sich noch erweisen.