Mit dem Abbau der Corona-Einschränkungen wachsen die ersten Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung. Die deutsche Industrie erhielt zuletzt wieder etwas mehr Aufträge, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Das Bundeswirtschaftsministerium sieht deshalb den Tiefpunkt der Krise im verarbeitenden Gewerbe durchschritten. Auch die Konsumlaune der Verbraucher stieg nach Angaben des Handelsverbands HDE, allerdings auf niedrigem Niveau. Wirtschaftsforscher warnten angesichts der fortdauernden Pandemie vor zu viel Optimismus.
Wie das Statistische Bundesamt aufgrund vorläufiger Ergebnisse mitteilte, war der preisbereinigte Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe – also etwa im Maschinenbau oder in der Autoindustrie – im Mai 2020 saison- und kalenderbereinigt 10,4 Prozent höher als im April. Ohne die Berücksichtigung von Großaufträgen betrug das Plus zum Vormonat demnach noch 8,9 Prozent.
Die Aufträge aus dem Inland stiegen insgesamt um 12,3 Prozent, die Auslandsaufträge erhöhten sich um 8,8 Prozent – allerdings fast ausschließlich aufgrund von Aufträgen aus der Eurozone. Bei den Herstellern von Investitionsgütern war der Anstieg mit 20,3 Prozent mit Abstand am höchsten.
Allerdings bleibt ein kräftiges Minus zum Vorjahr: Verglichen mit Mai 2019 ging der Auftragseingang um 29,3 Prozent zurück. Verglichen mit Februar 2020, dem Monat vor dem Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland, betrug der Rückgang demnach saison- und kalenderbereinigt sogar 30,8 Prozent.
Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, die Industrie habe den Tiefpunkt ihrer Rezession durchschritten. Das Ministerium verwies besonders auf die im April hart getroffene Autobranche, die im Mai ein Auftragsplus von über 40 Prozent verbucht habe. Insgesamt aber zeige „das nach wie vor niedrige Orderniveau“, insbesondere aus dem nichteuropäischen Ausland, „dass der Aufholprozess noch lange nicht abgeschlossen ist“.
Auch die Konsumlaune der Verbraucher ist noch durch die Corona-Folgen beeinträchtigt, stieg zuletzt aber wieder. Das vom Handelsverband Deutschland (HDE) veröffentlichte Konsumbarometer kletterte im Juli von 93,5 Punkten im Vormonat auf nun 96,3 Punkte und damit nahezu auf den Stand von April. Zum gestiegenen Optimismus der Verbraucher trage „sicher auch ein gewisser Gewöhnungseffekt an die aktuelle Einkaufssituation mit potenziellem Ansteckungsrisiko und besonderen Hygienestandards bei“, erklärte der Verband.
Ein ähnliches Bild zeichneten die staatliche Förderbank KfW und das Münchner Ifo-Institut in ihrem Mittelstandsbarometer. Demnach stieg das Geschäftsklima im Mittelstand im Juni deutlich, auch die Großunternehmen „gehen davon aus, das Allergröbste inzwischen hinter sich gelassen zu haben“. Dennoch sei die Stimmung noch deutlich vom Niveau vor Ausbruch der Pandemie entfernt und wird den Experten zufolge „vor allem von der Hoffnung auf wieder bessere Zeiten“ getragen. „Angesichts der dynamischen Pandemieentwicklung in vielen Ländern außerhalb Europas“ müssten gerade Großkonzerne weiter „auch mit Rückschlägen rechnen“.
Das Ifo-Institut warnte, eine „Insolvenzwelle“ in den kommenden Monaten sei nicht ausgeschlossen – und berief sich dabei auf seine jüngste Konjunkturumfrage. Demnach stuften 21 Prozent der im Juni befragten Firmen die Beeinträchtigungen infolge der Pandemie als existenzbedrohend ein.
Besonders betroffen seien Reisebüros und -veranstalter, 85 Prozent von ihnen bangten um ihre wirtschaftliche Existenz. Bei Beherbergungsbetrieben beträgt der Anteil den Angaben zufolge 76 Prozent, in der Gastronomie 67 Prozent. „Aber auch 55 Prozent der Kreativen, Künstler und Unterhalter sehen ihre Existenz bedroht“, erklärte das Institut.