Wirecard: Insgesamt drei Festnahmen – Vorwürfe laut Staatsanwaltschaft erheblich ausgeweitet

Wirecard-Firmenzentrale in Aschheim - Bild: Leo Molatore / CC BY-SA
Wirecard-Firmenzentrale in Aschheim - Bild: Leo Molatore / CC BY-SA

Im Skandal um den insolventen Finanzdienstleister Wirecard hat die Staatsanwaltschaft München I den früheren Vorstandschef Markus Braun wieder festgenommen. Gegen Braun sei ein neuer, erweiterter Haftbefehl erlassen und eröffnet worden, sagte die Sprecherin der Anklagebehörde, Anne Leiding, am Mittwoch vor Journalisten. Zudem seien zwei weitere frühere Vorstände festgenommen worden, darunter der bis 2017 amtierende ehemalige Finanzvorstand.

Anlass für die Festnahme war nach Angaben von Leiding, dass die Tatvorwürfe noch mal „ganz erheblich“ erweitert werden mussten. Seit 2015 hätten die drei Manager die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen von Wirecard durch das Vortäuschen von Einnahmen aufgebläht. Dies habe sich aus der umfassenden Aussage eines Kronzeugen ergeben. „Das Unternehmen sollte finanzkräftiger erscheinen,“ sagte Leiding. Damit habe Wirecard für andere Unternehmen attraktiver sein wollen. Es sei aber spätestens Ende 2015 klar gewesen, dass Wirecard Verluste machte.

Durch die Täuschung hätten Banken in Deutschland und Japan sowie sonstige Investoren 3,2 Milliarden Euro bereit gestellt, die nun „höchstwahrscheinlich“ verloren seien. Strafrechtlich werde den drei Männern gewerbsmäßiger Bandenbetrug, Untreue, unrichtige Darstellung und Marktmanipulation in mehreren Fällen vorgeworfen.

Aus ermittlungstaktischen Gründen wollte sich Leiding nicht dazu äußern, welchen Tatbeitrag die Staatsanwaltschaft welchem der Beschuldigten vorwirft. Leiding zeigte sich erschüttert durch das Ausmaß der Vorwürfe. „Auch wir fragen uns, wie ein solches System etabliert werden konnte.“ Aussagen deuteten darauf, dass bei Wirecard ein „streng hierarchisches System“ mit einem Korpsgeist und Treueschwüren gegenüber Braun geherrscht habe. „Möglicherweise erklärt das etwas.“ 

Braun wurde der Sprecherin der Staatsanwaltschaft zufolge festgenommen, als er sich innerhalb der Meldeauflagen für seinen gegen eine Millionenkaution außer Vollzug gesetzten vorherigen Haftbefehl selbst bei der Polizei meldete. Die beiden anderen Manager seien in München festgenommen worden.

Keine Erkenntnisse konnte Leiding zum möglichen Aufenthaltsort des flüchtigen Ex-Vorstands Jan Marsalek nennen. Zuletzt gab es Gerüchte, er könnte sich in Russland aufhalten.

Anzeige



Anzeige

Avatar-Foto
Über Redaktion des Nürnberger Blatt 44940 Artikel
Hier schreiben und kuratieren die Redakteure der Redaktion des Nürnberger Blatt