Japans Regierungschef Abe tritt offiziell zurück

Shinzo Abe - Bild: Chairman of the Joint Chiefs of Staff from Washington D.C, United States / Public domain
Shinzo Abe - Bild: Chairman of the Joint Chiefs of Staff from Washington D.C, United States / Public domain

Japans Regierungschef Shinzo Abe tritt aus gesundheitlichen Gründen zurück. „Ich habe entschieden, das Amt des Ministerpräsidenten aufzugeben“, sagte Abe am Freitag bei einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz in Tokio. Der 65-Jährige sagte, er leide wieder an einer Darmerkrankung, die ihn bereits während seiner ersten Amtszeit im Jahr 2007 zu einem Rücktritt veranlasst hatte. 

Über die gesundheitliche Verfassung Abes war in Japan seit Wochen spekuliert worden. In jüngster Zeit hatte er sich zwei Mal zu längeren Untersuchungen ins Krankenhaus begeben.

Aufgrund einer intensiven Behandlung habe er nicht mehr genug Zeit, um seine Aufgaben als Regierungschef zu erfüllen, sagte Abe. „Ich möchte mich beim japanischen Volk von ganzem Herzen dafür entschuldigen, dass ich meinen Posten ein Jahr vor dem Ende meiner Amtszeit verlasse – inmitten der Corona-Sorgen und während sich verschiedene politische Entscheidungen noch im Implementierungsprozess befinden“, sagte Abe, der sich im Anschluss tief verneigte. 

Abe kündigte an, im Amt zu bleiben, bis seine konservative Liberaldemokratische Partei (LDP) über einen Nachfolger entschieden hat. Als Favoriten für seine Nachfolge gelten Finanzminister Taro Aso und Kabinettschef Yoshihide Suga. Im Gespräch sind aber auch der LDP-Fraktionsvorsitzende Fumio Kishida, Verteidigungsminister Taro Kono sowie dessen Vorgänger Shigeru Ishiba.

Finanzminister Aso, der auch Vize-Regierungschef ist, gilt als enger Verbündeter Abes und war von 2008 bis 2009 selbst Ministerpräsident. Der 79-Jährige hat immer wieder mit verbalen Entgleisungen auf sich aufmerksam gemacht. So löste er mit der Äußerung Empörung aus, dass Japan mit Blick auf eine Verfassungsreform von Nazi-Deutschland lernen könne.

Kabinettschef Suga ist den Japanern vor allem als Regierungssprecher bekannt. Noch am Freitagmorgen hatte er gesagt, Abe gehe es gut. „Ich sehe ihn jeden Tag und habe nicht den Eindruck, dass sein Zustand sich verändert hat“, sagte Suga vor Journalisten. Einen Tag zuvor hatte Suga der Nachrichtenagentur Bloomberg gesagt, Abe werde „selbstverständlich“ in der Lage sein, bis zum Ende der Legislaturperiode im September 2021 im Amt zu bleiben.

Abe ist der am längsten amtierende Regierungschef in der Geschichte Japans. Zum ersten Mal wurde er 2007 ins Amt gewählt, trat jedoch weniger als ein Jahr später wegen einer Darmerkrankung zurück. Als er 2012 erneut zum Regierungschef gewählt wurde, gab er an, die Krankheit überwunden zu haben. 

In der Corona-Pandemie ist Abe in den Umfragen zu seiner Beliebtheit abgestürzt. Zwar verzeichnet Japan im internationalen Vergleich relativ wenige Infektionsfälle. Der Regierung werden aber Versäumnisse bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Krise vorgeworfen. 

In seiner Rücktrittsankündigung sagte Abe, es sei an anderen, Bilanz über seine Amtszeiten zu ziehen. Als einen politischen Erfolg, auf den er persönlich stolz sei, nannte Abe den Besuch des damaligen US-Präsidenten Barack Obama in Hiroshima im Jahr 2016. Obama war das erste US-Staatsoberhaupt, das die Gedenkstätte für den ersten Atombombenabwurf der Geschichte besuchte. 

Das Bekanntwerden der Rücktrittsabsichten hatte an der Börse in Tokio Turbulenzen ausgelöst. Nach Handelsschluss notierte der Aktienindex Nikkei mit mehr als 1,4 Prozent im Minus.

Der Politikwissenschaftler Shinichi Nishikawa bezeichnete Abes Rücktritt als „große Überraschung“. Der Schritt inmitten der Corona-Pandemie könne ein „politisches Durcheinander“ verursachen, sagte der Experte der Nachrichtenagentur AFP.  

International wurde Abes außenpolitische Rolle gewürdigt. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen dankte Abe im Online-Dienst Twitter für seinen Beitrag zur „Erweiterung der Beziehungen zwischen der EU und Japan“. Der Kreml erklärte, Abes Einsatz für die russisch-japanischen Beziehungen sei von „unschätzbarem Wert“ gewesen.

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