Linken-Spitze formiert sich ein Jahr vor der Bundestagswahl neu

Bernd Riexinger - Bild: Ben Gross Photography
Bernd Riexinger - Bild: Ben Gross Photography

Die Linke stellt sich ein Jahr vor der Bundestagswahl neu auf: Nach Katja Kipping erklärte am Samstag auch Bernd Riexinger den Verzicht auf eine erneute Kandidatur für den Parteivorsitz. Er werde nach über acht Jahren nicht erneut für das Amt antreten, schrieb der 64-Jährige an den Parteivorstand und weitere Gremien. Die neue Linken-Spitze soll auf einem Parteitag im Herbst gewählt werden.

Kipping und Riexinger hatten die Parteiführung im Juni 2012 übernommen. Kippings Entschluss war bereits am Freitagabend bekannt geworden. Die 42-Jährige schrieb, sie trete „aus Respekt vor der innerparteilichen Demokratie, vor unserer Satzung“ nicht mehr an. Die Satzung der Linkspartei sieht vor, dass nach acht Jahren ein Wechsel stattfinden soll. Trotzdem blieb bis zuletzt offen, ob das bisherige Führungsduo nicht doch noch einmal antreten werde.

Es sei an der Zeit, nach dem Bundesparteitag im Herbst „etwas Neues zu beginnen“, schrieb Kipping, ohne ihre Pläne konkreter zu benennen. Sie wolle künftig in anderer Funktion „neue linke Mehrheiten“ organisieren. Kipping bekräftigte ihre Position, dass die Linke „auch im Bund Regieren wagen“ müsse. Bei der nächsten Bundestagswahl gebe es ein „historisches Möglichkeitenfenster“, fügte sie mit Blick auf rot-rot-grüne Gedankenspiele hinzu.

Die neue Linken-Führung soll auf einem Parteitag am 31. Oktober und 1. November in Erfurt neu gewählt werden. Ursprünglich hätten die Vorstandswahlen schon im Juni stattfinden sollen, der Parteitag war aber wegen der Corona-Pandemie in den Herbst verschoben worden. Am Montag wollen sich Kipping und Riexinger in einer Pressekonferenz zur ihrer Entscheidung äußern.

Riexinger hob in seiner Erklärung hervor, dass es unter seiner und Kippings Führung gelungen sei, die Linke „zu einer gesamtdeutschen Partei aufgebaut und weiterentwickelt“ zu haben. Sie sei heute eine „stabile Kraft im bundesdeutschen Parteiensystem“, schrieb er.

Die Linke, deren Hochburgen lange im Osten gelegen hatten, musste allerdings bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr in Brandenburg und Sachsen herbe Verluste einstecken. Das gute Abschneiden in Thüringen, wo die Linke mit Bodo Ramelow stärkste Kraft wurde, verschaffte dem Führungsduo dann wieder etwas Luft. In bundesweiten Umfragen liegt die Partei derzeit zwischen sieben und neun Prozent.

Zu schaffen machte der Linken lange die Dauerfehde zwischen Kipping und der früheren Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. Die beliebteste Politikerin der Linken hatte sich nach einem zermürbenden Machtkampf im vergangenen Herbst von der Fraktionsspitze zurückgezogen.

Als mögliche Nachfolger an der Spitze der Linkspartei werden die hessische Fraktionsvorsitzende Janine Wissler und die thüringische Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow gehandelt. Auch Namen verschiedener Bundestagsabgeordneter kursierten bereits, etwa der des parlamentarischen Geschäftsführers Jan Korte.

Über die Spitzenkandidatur der Linken für die Bundestagswahl wird voraussichtlich ein Parteitag im Sommer 2021 entscheiden – da ist dann aber auch die Fraktionsspitze mit im Spiel. Bei der Bundestagswahl 2017 hatten Wagenknecht und Dietmar Bartsch als Fraktionsvorsitzende die Spitzenkandidatur übernommen.

Thüringens Ministerpräsident Ramelow, der einzige Länderchef der Linken, dankte Kipping und Riexinger für ihre Arbeit. „Ihr macht den Weg frei und der Parteitag in Erfurt wird Euren Staffelstab weitergeben“, twitterte Ramelow am Samstag.

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